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(im Text unterstrichen) dargestellt.30 Anhand der einzelnen Modalitäten (und in
weiterer Folge einer Beschreibung der einzelnen Fälle) lässt sich – angefangen von
den höchsten bis zu den niedrigsten Beiträgen zum Bedeutungszusammenhang einer
Dimension
– zeigen, wie Kunst sowohl durch positiven Bezug darauf als auch durch
Abgrenzung davon und Gegenüberstellung anderer Musizierentwürfe konstruiert
wurde. Die Praktiken der Positionierung als KünstlerIn oder Nicht- KünstlerIn wer-
den infolge in vier verschiedenen Bereichen mit jeweils unterschiedlicher Schwer-
punktsetzung beschrieben.
5.1 Künstler und Individuum als Gegensatz zur Dorfgemeinschaft
Um als KünstlerIn zu gelten, musste die eigene Person als Künstlerpersönlichkeit
konstruiert werden. Wesentlich für diese Konstruktion waren die Betonung der eige-
nen Individualität und der Nachweis der Anerkennung für das eigene Musizieren.
Im Gegensatz dazu standen Praktiken, die das eigene Musizieren als typisches, d. h.
als ein sich nicht maßgeblich von jenem der anderen Musizierenden unterschei-
dendes, beschrieben. Infolge sollen diese Aspekte anhand der dafür maßgeblichen
Modalitäten der ersten Dimension (siehe Abbildung 14) nachgezeichnet werden.
In den sich positiv auf Kunst beziehenden Erzählungen wurden auf mehr als 40
Seiten eigenes Musizieren beschrieben 31 und mehr als 20 verschiedene Auftritts-
kontexte vor 193832 genannt. Im Gegensatz dazu wurden in jenen Erzählungen, die
sich negativ auf Kunst beziehen, nur auf weniger als 10 Seiten eigenes Musizieren
beschrieben und weniger als vier verschiedene Auftrittskontexte vor 1938 genannt.
Musizieren bestimmte das Leben der KünstlerInnen, während es anderswo eine
wenig oder kurz beschriebene und daher untergeordnete Rolle zugewiesen bekam.
Das Praktizieren des eigenen Lebens als eines musikalischen war ein notwendiger
Aspekt der Anerkennung als KünstlerIn, wenn es auch nicht dem/der KünstlerIn
alleine vorbehalten war. Das Betreiben von Musik als Kunst verlangte nach dem
Aufgehen in der Musik danach, Musik über die anderen Bereiche des Lebens zu
30 Die hier dargestellten Modalitäten bilden 82,5
Prozent der Gesamtvarianz der ersten Dimen-
sion ab.
31 Hier reicht die Bandbreite von Erzählungen, auf denen nur in einzelnen Sätzen Musizieren
erwähnt wurde, bis zu Erzählungen, in denen auf beinahe jeder Seite davon erzählt wurde.
So ist etwa in der Erzählung von Lotte Lehmann mit einem Umfang von 232 Seiten nach
etwa 40 Seiten am Beginn praktisch nur mehr ihre Gesangskarriere Thema.
32 Nur in sieben lebensgeschichtlichen Erzählungen wurden mehr als 20 Auftrittskontexte vor
1938 genannt, hier meist zwischen 20 und 30. Die Erzählung von Lotte Lehmann erwähnt
mit 42 Auftrittskontexten die meisten.
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Musizieren als hohe
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Title
- Über die Produktion von Tönen
- Subtitle
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Author
- Georg Schinko
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Category
- Kunst und Kultur