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tionen sowie der wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus
zu erwarten sind, bedarf es auch differenzierter Anpassungs-
strategien (vgl. APCC 2014). „Unter Anpassung werden Ini-
tiativen und Maßnahmen verstanden, die gesetzt werden, um
‚die Empfindlichkeit natürlicher oder menschlicher Systeme
gegenüber tatsächlichen oder erwarteten Auswirkungen der
Klimaänderung zu verringern‘ (IPCC 2007). Anpassungsakti-
vitäten zielen darauf ab, die Verwundbarkeit gegenüber der
Klimaänderung zu reduzieren bzw. die Widerstandsfähigkeit
(Resilienz) zu erhöhen sowie mögliche Chancen durch ver-
änderte klimatische Bedingungen zu nutzen“ (BMNT 2017,
S. 26). Ansätze dazu liefern die jeweiligen Kapitel des vor-
liegenden Sachstandsberichts. Diese Überlegungen bilden die
Grundlage für eine Zusammenschau der jeweiligen Möglich-
keiten am Ende des Berichtes (Kap. 13).
Die Art der Anpassung kann in unterschiedlicher Form und
auf verschiedenen Ebenen umgesetzt werden. Dabei lassen
sich vorausschauende (proaktive) oder auf bestimmte Klima-
folgen reagierende (reaktive) Maßnahmen unterscheiden. In
diesem Bericht werden dabei alle Maßnahmen diskutiert, die,
so weit möglich, geeignet sind die touristische Branche fit zu
machen, sodass sie möglichst wenig durch die Auswirkungen
des Klimawandels beeinträchtigt wird und diesen ihrerseits
nicht weiter fördert. Anpassungsmaßnahmen schließen auch
Strategien ein, die dazu dienen, sich die möglichen Folgen
zunutze zu machen. Wichtig ist es, in diesem Zusammenhang
auch eine mögliche Maladaptation hervorzuheben, also An-
passungsstrategien, die die negativen Effekte noch verstärken
können, wie etwa Klimaanlagen (BMNT 2017).
Neben den Herausforderungen, denen sich der Tourismus
in Österreich infolge der Auswirkungen des Klimawandels
zu stellen hat, fällt dem Sektor als Mitverursacher des Klima-
wandels allerdings auch im Bereich der Minderung (Mitiga-
tion) Verantwortung zu. Aktuellen Untersuchungen zufolge
trägt der Tourismus rund 8 % aller globalen CO2-Emissionen
und rund 5 % aller globalen CO2-Äquivalent-Emissionen bei
(Lenzen et al. 2018). Minderungsmaßnahmen, die eine aktive
Verringerung der Treibhausgasemissionen zum Ziel haben,
sind daher auch im Tourismus wichtig, um proaktiv zu einer
Reduktion der Auswirkungen des Klimawandels beizutragen
(vgl. BMNT 2017).
Der größte Anteil der touristischen Treibhausgasemis-
sionen entfällt mit rund 50 % auf den Transport. Die An-
und Abreise und Mobilität vor Ort sollten daher eine große
Rolle bei Emissionsminderungsstrategien einnehmen (siehe
Kap. 3 und 11; Lenzen et al. 2018). Es besteht jedoch auch
ein erhebliches Potenzial zur Energie- und damit Emissions-
einsparung in den Unterkünften und anderen touristischen
Einrichtungen (Lund-Durlacher 2007; Formayer und Kromp-
Kolb 2009; BMWFW et al. 2015), die größtenteils in den
1960er- und 1970er-Jahren gebaut wurden. Es gibt bereits
zahlreiche effektive Praktiken zur Reduzierung des Energie- verbrauchs2 und der einhergehenden Emissionen. So können
unter anderem Gebäudeisolierung und die Umstellung auf
erneuerbare Energien wie Wind-, Solar- oder Geothermie
die Nutzung fossiler Brennstoffe reduzieren, die zur Luftver-
schmutzung und zum Klimawandel beitragen (siehe Kap. 4).
Neben entsprechenden technischen Maßnahmen kommt es
zudem darauf an, in diesem Zusammenhang die Motivation
von Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Gästen zu beein-
flussen. So lässt sich auch beim erholsamen Aufenthalt der
Energieverbrauch noch reduzieren.
Neue Veröffentlichungen über nachhaltiges Hotelmanage-
ment schlagen auch vor, den Beitrag von Lebensmittel- und
Getränkekonsum zu den Treibhausgasemissionen stärker ein-
zubeziehen. Rund 30–40 % des weltweiten Energieverbrauchs
werden durch die Nahrungsmittelproduktion verursacht und
die Art der Ernährung (z. B. der Fleischkonsum) hat einen
direkten Einfluss auf die Höhe der Treibhausgasemissionen
(FAO 2012). Einflussfaktoren wie die Produktionsprozesse der
Lebensmittel, Transportdistanzen, Lagerung, Speisenzuberei-
tung und Präsentation sowie das Verhalten der Gäste, insbeson-
dere in Bezug auf Lebensmittelabfälle (Lund-Durlacher et al.
2016), sowie Minderungs- und Anpassungsstrategien für den
Lebensmittel- und Getränkebereich können erhebliche Reduk-
tionen der Treibhausgasemissionen erbringen (siehe Kap. 5).
Eine langfristige und nachhaltig positive Entwicklung des
Tourismussektors lässt sich nur dann gewährleisten, wenn
die vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels recht-
zeitig und richtig eingeschätzt werden sowie entsprechende
Anpassungs- bzw. Vermeidungsstrategien angestoßen und
umgesetzt werden. Dies ist die wesentliche Aufgabe des vor-
liegenden Berichts, der insbesondere die Tourismusbranche
und politische Entscheidungstragende ansprechen soll, aber
auch die Gäste auf ihre Eigenverantwortung in Hinblick auf
ein möglichst klimaschonendes Verhalten aufmerksam ma-
chen will.
Dem vorliegenden Bericht liegt das Bewusstsein zu-
grunde, dass die Anforderungen durch den Klimawandel weit
über bisherige Anstrengungen im Bereich der Nachhaltig-
keit hinausgehen müssen. Mit dem Ziel „Netto Null 2050“
geben IPCC, UNO und die Unterzeichner des Pariser Klima-
abkommens klar vor, dass jede Branche gefordert ist, mit
spezifischen Strategien dazu beizutragen. In Österreich soll
dieses Ziel bis 2040 erreicht werden (Stand 2019). Für den
Tourismus als Wirtschaftszweig, der sehr stark auf Mobilität,
Beherbergung und Konsum beruht, ist das eine große Heraus-
forderung.
2 Korrekt wäre zwar der Begriff „Energiebedarf“, da allerdings im
Sprachgebrauch üblicherweise von „Energieverbrauch“ die Rede ist,
wird dieser Begriff auch im Rahmen des vorliegenden Berichts so ver-
wendet. 1
Einführung2
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Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263