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2.1 EinfĂĽhrung
Das Klimasystem der Erde besteht aus dem komplexen Zu-
sammenspiel der verschiedenen Sphären, bei dem Energie-
und Stoffströme zwischen den Weltmeeren, den Landmassen
und der Atmosphäre ausgetauscht werden. Dieser Austausch
wird durch die Energie der Sonne angetrieben, wobei die
Energieumsetzung noch zusätzlich durch Wechselwirkun-
gen mit der Erdoberfläche (z. B. Eis, Schnee und Wasser)
sowie den Lebewesen modifiziert wird. Grundsätzlich ver-
sucht das Klimasystem ein Gleichgewicht – sowohl über Zeit
als auch Raum – der Energieverteilung auf der Erde herzu-
stellen. Durch die unterschiedlichen Reaktionszeiten der ver-
schiedenen Sphären kommt es jedoch zu Überlagerungen von
verschiedenen Prozessen und periodischen Schwankungen
(Stephenson et al. 2004).
Auf kurzen und langen Zeiträumen, von Jahrzehnten bis
Millionen von Jahren, finden permanent klimatische Ver-
änderungen auf der Erde statt (Zachos et al. 2001). Geo-
logisch gesehen befindet sich die Erde in einem Eiszeitalter
(dem Quartär), da große Flächen (ca. 10 %) permanent mit
Eis oder Schnee bedeckt sind (Ehlers und Gibbard 2011).
Während eines Eiszeitalters ist das Klimasystem beson-
ders empfindlich und bereits geringe Schwankungen des
Energieeintrages, wie sie etwa durch Veränderungen der
Erdbahngeometrie, den sogenannten Milankovitch-Zyklen
(Milankovitch 1941), ausgelöst werden, führen zu starken
Schwankungen der globalen Mitteltemperatur. Die lang an-
haltenden Schwankungen des Strahlungseintrages werden
durch positive Rückkopplungen (z. B. Eisalbedo1 oder Lös-
lichkeit von Gasen in den Ozeanen) verstärkt und haben
zur Entstehung von Kaltzeiten (Glazialen) und Warmzeiten
1 Eisalbedo bezeichnet die Rückstrahlung der vereisten Flächen an den
Polkappen. (Interglazialen) gefĂĽhrt (Shakun et al. 2012; Ganopolski
et al. 2010). AuĂźerhalb von Eiszeitaltern ist die Wirkung
der Milankovitch-Zyklen nicht so ausgeprägt, da die Ver-
stärkung durch die Eisalbedorückkopplung fehlt.
Die derzeitige Warmzeit (Holozän) begann vor etwa
11.000 Jahren und seither ist das Klima der Erde sehr stabil;
die globale Mitteltemperatur schwankte nur um weniger als
1 °C (Walker et al. 2009). Aufgrund der Milankovitch-Zyklen
wurde der wärmste Abschnitt vor 7000–4000 Jahren erreicht,
wobei sich die Erde aufgrund der Veränderungen der Erdbahn-
geometrie gerade langsam wieder auf eine neue Kaltzeit zu-
bewegt. Dieser Prozess wĂĽrde aber noch einige Zehntausende
Jahre benötigen, bevor wieder eine Vereisung und starke Ab-
kĂĽhlung einsetzen (Tzedakis et al. 2012). Derzeit sprechen
immer mehr Wissenschaftler wegen des prägenden Einflusses
des Menschen auf den Planeten Erde von einer neuen geo-
logischen Epoche, dem Anthropozän (Waters et al. 2016).
Besonders seit dem Beginn der industriellen Revolution
im 18. Jahrhundert greift der Mensch, v. a. durch die Ver-
brennung fossiler Brennstoffe und die damit einhergehende
Freisetzung von Treibhausgasen, wie dem Kohlendioxid
(CO2), massiv in das Klimasystem ein. Treibhausgase sind
in der Lage, die langwellige Wärmestrahlung der Erde zu ab-
sorbieren und diese teilweise wieder zum Erdboden zurĂĽck-
zustrahlen. Dadurch erhöht sich die atmosphärische Gegen-
strahlung und damit der Energieeintrag zur Erdoberfläche und
den bodennahen Luftschichten. Derzeit beträgt der zusätzli-
che durch menschliche Aktivitäten erhöhte Strahlungseintrag
in etwa 2,5 W/m2 verglichen mit der Zeit vor der industriellen
Revolution (Jahr 1750; IPCC 2013, 2018).
Laut dem 1,5-Grad-Bericht des Weltklimarats IPCC (IPCC
2018) liegt die globale Mitteltemperatur heute bereits 1 °C
über dem vorindustriellen Niveau (Zeitraum 1850–1900).
Besonders die rasche Erwärmung der letzten Jahrzehnte
(Abb. 2.1, links) kann dabei nur durch die menschlichen Ak- 2
19
© Der/die Autor(en) 2021
U. Pröbstl-Haider, D. Lund-Durlacher, M. Olefs, F. Prettenthaler (Hrsg.), Tourismus und Klimawandel,
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61522-5_2
Klimawandel – Auswirkungen mit Blick
auf den Tourismus
Coordinating Lead Authors (CLAs)
Marc Olefs, Herbert Formayer
Lead Authors (LAs)
Marc Olefs, Herbert Formayer, Andreas Gobiet, Thomas Marke,
Wolfgang Schöner
Contributing Authors (CAs)
Andrea Fischer, GĂĽnther Aigner
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Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263