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ten: Die erste Zuwachsphase vom Ende des 19. zur Mitte
des 20. Jahrhunderts hin erreichte ihren Höhepunkt in den
sonnenreichen Nachkriegssommern der späten 1940er- und
frĂĽhen 1950er-Jahre. Der RĂĽckgang des sommerlichen
Schönwetters in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren
schlägt sich deutlich in den Jahressummen des Sonnen-
scheins durch. Nach einem Wendepunkt um 1980 folgt die
zweite Phase rascher Sonnenscheinzunahme (um ca. 10 %)
der letzten 35 Jahre, wobei 2003 und 2011 herausragen. Die
auffallende Ähnlichkeit der zweistufigen Entwicklung der
Temperatur- und Sonnenscheinkurven im 20. und 21. Jahr-
hundert deutet auf eine Rolle der solaren Einstrahlung beim
ĂĽberproportionalen Temperaturanstieg im Alpenraum gegen-
über den globalen Landflächen hin (siehe Abschn. Lufttem-
peratur; Scherrer und Begert 2019).
Wind
Ăśberschreitet die Windgeschwindigkeit 75 km/h oder
9 Beaufort, so nennt man diesen Wind Sturm (WMO 1970).
Zur robusten Beschreibung von Änderungen des Windkli-
mas eignen sich lange zurĂĽckreichende Luftdruckmessrei-
hen, aus denen räumliche Luftdruckunterschiede berechnet
werden, besser als direkte Windmessungen (Auer et al. 2007;
Matulla et al. 2008). Eine Untersuchung von Matulla et al.
(2008) zeigt in drei untersuchten Regionen Europas (Nord-
west-, Nord- und Mitteleuropa) keinen langfristigen Trend
zu mehr StĂĽrmigkeit. Auch andere Untersuchungen ĂĽber
das Sturmklima ĂĽber Nordwesteuropa (Feser et al. 2015)
verdeutlichen zwar die hohe Variabilität auf der jährlichen
und dekadischen (10- bis 50-jährigen) Zeitskala, zeigen
aber keine Zunahme der Stürmigkeit während der letzten
100 Jahre. Die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete ĂĽber Europa
haben sich demnach weiter nach Norden bzw. Nordosten
hin verlagert. Die Ausbildung von kleinräumigen, thermisch
induzierten Windsystemen wie Hangwinden und Thermik
sind an eine ganze Reihe von gleichzeitig auftretenden me-
teorologischen Grundvoraussetzungen gekoppelt (Rafels-
berger 2007): Neben der Topografie, dem Untergrund, der
vertikalen atmosphärischen Schichtung, den Feuchte-, Tem-
peratur- und Strahlungsverhältnissen (und somit auch der
Jahreszeit) darf keine Beeinträchtigung durch Fronten oder
Föhnwinde gegeben sein und somit ist auch eine Abhängig-
keit von der Häufigkeit bestimmter Wetterlagen gegeben.
Studien zu möglichen langfristigen Veränderungen in der
Vergangenheit sind fĂĽr Ă–sterreich derzeit keine bekannt.
Aussagen über kleinräumige in Zusammenhang mit Gewit-
tern entstehende Windböen sind an Konvektion gebunden,
ĂĽber welche derzeit fĂĽr die Vergangenheit in Ă–sterreich
keine verlässlichen Aussagen hinsichtlich Trends gemacht
werden können (siehe nächster Abschnitt). Bei der Betrach-
tung von ganz Europa gibt es aber mittlerweile deutliche An-
zeichen für einen Anstieg dieser lokalen Windböen (Rädler
et al. 2018). Starkniederschläge, Gewitter und Hagel
Starkniederschläge definieren sich aus einer Kombination
von Intensität und Dauer des Niederschlags. Für flächige
Starkniederschlagsereignisse, die durch Tiefdruckgebiete
oder Staueffekte verursacht werden und das ganze Jahr auf-
treten können, lassen sich derzeit für Österreich keine ein-
heitlichen und kaum signifikante Trends in der Vergangenheit
erkennen (Hofstätter et al. 2018; Pistotnik et al. 2020). Klein-
räumige Starkniederschläge sind an Konvektion gebunden
und treten vorwiegend im Sommerhalbjahr auf. Aufgrund der
zu geringen räumlichen Dichte konventioneller meteorolo-
gischer Messnetze und der zu geringen zeitlichen Auflösung
der Messungen vor Beginn der Automatisierung Ende der
1980er-Jahre können derzeit keine verlässlichen Aussagen
über vergangene Trends konvektiver Starkniederschläge res-
pektive Gewitter gemacht werden (Pistotnik et al. 2020). Eine
Analyse des flächigen Niederschlagsbeobachtungsdatensat-
zes Spartacus (Hiebl und Frei 2018) deutet im Mittel ĂĽber
Österreich für das Gesamtjahr auf eine Abnahme der Häufig-
keit von schwachen oder moderaten Niederschlagstagen und
eine Zunahme von starken bis extremen Niederschlagstagen
hin, insbesondere im Sommer und Herbst (Chimani et al.
2016). Die Gesamtanzahl der Niederschlagstage bleibt im
Jahresmittel dabei gleich, es kommt somit nur zu einer Ver-
schiebung in den Intensitäten.
Aus physikalischen Gründen – eine wärmere Atmosphäre
kann mehr Wasserdampf aufnehmen – muss man von einer
Zunahme der Niederschlagsintensität von ca. 7 % pro °C
ausgehen (Clausius-Clapeyron-Gesetz). Auswertungen von
Stundenniederschlägen der Station Wien Hohe Warte (For-
mayer und Fritz 2017) ergeben eine Zunahme der Nieder-
schlagsintensität von etwa 10 % pro °C Temperaturanstieg,
Schroeer und Kirchengast (2018) finden Werte von bis zu
14 % pro °C basierend auf 10-Minuten-Messungen an extre-
men Niederschlagstagen (98. Perzentil) in Südostösterreich.
Beide Werte ĂĽberschreiten deutlich den durch das theoreti-
sche Clausius-Clapeyron-Gesetz vorgegebenen Grenzwert,
was durch zahlreiche weltweite Studien fĂĽr kurzzeitige, kon-
vektive Niederschlagsereignisse bestätigt wird (z. B. Ivancic
und Shaw 2016; Lochbihler et al. 2019). Als Hauptgrund
für die höhere Zunahme wird vermehrt frei werdende Kon-
densationswärme durch den höheren Feuchtegehalt genannt,
was die Labilität der Luftschichtung erhöht und somit die
Konvektion und Niederschlagsbildung zusätzlich verstärkt
(Lenderink und van Meijgaard 2008, 2010). Nachdem die
Ausbildung von Hagel an Konvektion gebunden ist und somit
auch ein sehr kleinräumiges Phänomen darstellt, für das es
zudem keine systematische meteorologische Messung gibt,
sind auch hier verlässliche Aussagen über klimawandelbe-
dingte vergangene Veränderungen nicht möglich.
Europaweit betrachtet wird verlässlich davon ausgegan-
gen, dass Starkniederschläge in den letzten Jahrzehnten in
vielen Teilen Europas zugenommen haben, wenn auch mit
Klimatologische
Rahmenbedingungen24
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book Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263