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Sicherheitsprinzip, dass die volle Bandbreite möglicher zu-
künftiger Auswirkungen der globalen Erderwärmung dar-
zustellen ist (Kromp-Kolb et al. 2014). Zur Analyse dieser
werden in der Klimaforschung globale und regionale Kli-
mamodelle sowie diverse statistische Verfahren eingesetzt.
Um der Unsicherheit Rechnung zu tragen, die durch das
zukĂĽnftige menschliche Handeln entsteht, wurden ver-
schiedene Szenarien entwickelt. Diese Szenarien oder Ent-
wicklungspfade (Representative Concentration Pathways,
RCPs; s. Abschn. 2.1) beschreiben unterschiedliche zu-
künftige Entwicklungen der Bevölkerung, der Weltwirt-
schaft, des technologischen Fortschritts und des mensch-
lichen Handelns und die damit einhergehende Entwicklung
klimarelevanter Treibhausgase und Aerosole und dienen als
Randbedingung fĂĽr die Klimamodelle. Man spricht daher
auch von Klimaprojektionen (mögliche zukünftige Klima-
zustände) und nicht von Klimavorhersagen. Um weitere
Unsicherheiten der Klimamodelle zu berĂĽcksichtigen, wie
z. B. die Modellierungsmethoden an sich oder natĂĽrliche
Klimaschwankungen, werden fĂĽr jedes Klimaszenario viele
Klimasimulationen mehrerer unterschiedlicher Modelle mit
leicht unterschiedlichen Anfangsbedingungen gerechnet
(„Modellensemble“). Für jedes Klimaszenario ergibt sich
somit eine Bandbreite an möglichen zukünftigen Entwick-
lungen. Im Folgenden werden die RCPs 2.6 („Paris-Ziel“),
4.5 („wirksame Klimaschutzmaßnahmen“) und 8.5 („busi-
ness as usual“) betrachtet (s. Abschn. 2.1 für eine detaillierte
Beschreibung der Szenarien). Um die Auswirkungen der
Emissionsszenarien global zu beschreiben, werden soge-
nannte globale Klimamodelle (GCMs) mit einer derzeitigen
Auflösung von ca. 100–200 km verwendet. Aufgrund der
groben horizontalen Auflösung von GCMs werden regio-
nale Klimamodelle (RCMs) mit einer höheren räumlichen
Auflösung in das GCM eingebettet und davon angetrieben
(„nesting“ oder „dynamic downscaling“).
Für die Einschätzung der zukünftigen Klimaänderung in
Ă–sterreich stehen die Ă–KS15-Klimaszenarien (Chimani et al.
2016) für die Parameter Lufttemperatur (tägliches Maximum
und Minimum), Niederschlag (tägliche Summe) und Global-
strahlung (Tagessummen) fĂĽr den Zeitraum 1971 bis 2100
zur VerfĂĽgung. Dabei stellt der Zeitraum 1971 bis 2005 den
historischen (auf Basis beobachteter Emissionen) und der
Zeitraum 2006 bis 2100 die Klimaprojektionen (auf Basis
von Emissionsszenarien) dar. Der Ă–KS15-Datensatz besteht
aus gegitterten Klimadatensätzen und Emissionsszenarien
für die österreichische Klimaforschung. Das verwendete En-
semble beinhaltet 13 EURO-CORDEX (Jacob et al. 2014)
RCMs (Ensemblemitglieder) und zwei unterschiedliche
Emissionsszenarien (RCP 4.5 und RCP 8.5). Um der topo-
grafischen Komplexität Österreichs bestmöglich gerecht zu
werden, wurden die Daten von einem ursprĂĽnglich weit-
maschigen mit 12,5 km horizontaler Auflösung auf ein eng-
maschiges Netz von 1 km gebracht. DafĂĽr wurden die Daten in einem ersten Schritt auf das Gitter von Beobachtungs-
datensätzen interpoliert und anschließend pro RCM und
Gitterpunkt um systematische Fehler (eng. Biases) bereinigt.
Als Methode der Biaskorrektur wird das sogenannte Scaled
Distribution Mapping verwendet, bei dem die Klimaände-
rungssignale der Modelle erhalten bleiben (Chimani et al.
2016; Switanek et al. 2017). Dadurch wird z. B. der Ein-
fluss von Inversionswetterlagen („im Tal ist es kälter als am
Berg“) oder vom regionalen Klimamodell falsch berechneter
Niederschläge regional systematisch korrigiert. Wichtig zu
verstehen ist, dass diese Korrektur dort am besten funk-
tioniert, wo auch Stationsmessungen aus dem flächigen Be-
obachtungsdatensatz vorhanden sind. Im Jahr 2019 wurde
der Datensatz um das Szenario RCP 2.6 und eine detaillierte
Richtlinie inklusive Evaluierung des Ă–KS15-Datensatzes
erweitert (Chimani et al. 2019). Die Richtlinie richtet sich
an Nutzerinnen und Nutzer des Datensatzes und klärt über
Potenziale und Einschränkungen auf. Durch die Verwendung
eines Ensembles aus mehreren Modellen wird eine groĂźe
Bandbreite an möglichen Entwicklungen abgedeckt. Um
eine Klimaänderung aus einem Ensemble abzuschätzen, wird
im Folgenden der Ensemblemedian verwendet. Er entspricht
dem zentralen („durchschnittlichen“) Modell der Verteilung:
Die eine Hälfte der Modelle liegt oberhalb des Medians, die
andere unterhalb. Zusätzlich wird auch die Bandbreite des
Ensembles angegeben, dazu werden das 5 %-Perzentil und
das 95 %-Perzentil verwendet. Das Klimaänderungssignal
wird in Ă–KS15 immer im Vergleich zum Mittel der Klima-
normalperiode 1971 bis 2000 angegeben. Zur Bewertung
der Aussagekraft der Klimaänderungen des Ensembles
wird einerseits der Grad der Ăśbereinstimmung zwischen
den unterschiedlichen Modellen herangezogen, anderer-
seits wird ĂĽberprĂĽft, ob die jeweiligen Ensemblemitglieder
modellintern eine signifikante Klimaänderung ergeben.
Wenn viele der Modelle, die auf denselben physikalischen
Grundannahmen, aber unterschiedlichen Vereinfachungen
und Parametrisierungen beruhen, in ihrer Aussage ĂĽberein-
stimmen, kann diesem Ensemble ein größeres Vertrauen
entgegengebracht werden als einem Ensemble, bei dem die
Modelle zwar statistisch signifikante Änderungen anzeigen,
sich aber widersprechen (Chimani et al. 2016). Aufgrund der
Ungewissheit ĂĽber das zukĂĽnftige menschliche Verhalten,
der Komplexität des Klimasystems sowie der Unvollkom-
menheit der Modelle kann nicht ausgeschlossen werden,
dass die tatsächliche zukünftige Klimaentwicklung aber auch
auĂźerhalb der angegebenen Bandbreiten liegen wird.
Andere Untersuchungen mit Klimamodellen fĂĽr Europa
kommen grundlegend zu sehr ähnlichen Ergebnissen (z. B.
Einzelmodelle mit vielen Ensemble-Members, vgl. Leduc
et al. 2019), die aktuellen Schweizer Klimaszenarien CH2018
basieren auf den gleichen EURO-CORDEX RCMs, verwen-
den allerdings eine andere Downscaling-Methodik (NCCS
2018).
2 Klimawandel – Auswirkungen mit Blick auf den Tourismus 29
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Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263