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Auswirkungen des Klimawandels auch das Verkehrssystem
und hier die Anreise und den Komfort bzw. das Reisever-
halten der Touristinnen und Touristen selbst sowie in weite-
rer Folge deren Mobilitätsverhalten vor Ort. Weiterhin ent-
scheidet die Anreiseform wesentlich über den Beitrag dieses
Sektors zu den tourismusbedingten Treibhausgasen. Der Gast
wählt hierfür bislang überwiegend den wenig klimaverträg-
lichen Pkw, aber auch Flugreisen nehmen zu. Reisezeit, Preis
und Komfort, aber auch fehlende Flexibilität vor Ort spielen
hier eine entscheidende Rolle.
Wichtige Ansatzpunkte für Maßnahmen liegen in der Ver-
meidung nichtklimaschonender Mobilität, der Verlagerung
auf klimaverträglichere Verkehrsmittel, wie Bahn, Bus oder
Fahrrad, sowie in einer umweltverträglicheren Abwicklung
durch den Einsatz moderner Technologien (Abschn. 3.4).
Die Ansatzpunkte für eine nachhaltige Tourismusmobilität
wurden in Österreich prinzipiell erkannt, wie einige bereits
bestehende Initiativen zeigen (Abschn. 3.4.2). Die oben be-
schriebenen Trends, wie die Zunahme autofreier Haushalte in
Europas Großstädten, Ansätze für eine zunehmende Bewusst-
seinsbildung und auch künftige Preisentwicklungen nicht
nachhaltiger Verkehrssysteme (Erhöhung von Flugkosten
und verursachergerechte Anlastung von gesellschaftlichen
Kosten), könnten hier Anstöße für die weitreichendere Um-
setzung nachhaltiger Mobilitätskonzepte im Tourismus sein.
3.5.2 Ansatzpunkte für die Akzeptanz
von Maßnahmen, Information
und Bewusstseinsbildung
Entsprechende Befragungen (Abegg et al. 2019) zeigen,
dass Bewusstsein über die Umweltschädlichkeit bestimmter
Anreiseformen (Flugzeug, Pkw) vorhanden ist. In weiterer
Folge ist die Bereitschaft von Urlauberinnen und Urlaubern,
in den Destinationen vor Ort nachhaltigere Mobilitätsformen
zu nutzen, gegeben, gering ist allerdings die Akzeptanz, auf
die gewohnte Anreiseform (Flugzeug, Pkw) zu verzichten.
Hier zeigt sich ein Ansatzpunkt für künftige Maßnahmen zur
Bewusstseinsbildung und Verhaltensänderung der Reisenden.
Für die Umsetzung klimaschonender Mobilitätskonzepte
sind die Einbindung und Kooperation von Stakeholdern aus
dem Verkehrs- und Tourismusbereich gleichermaßen notwen-
dig: Einerseits sind für den Gast attraktive Mobilitätsangebote
für die Anreise und vor Ort zu schaffen, andererseits sind diese
auch durch den Tourismus entsprechend an den Gast zu ver-
kaufen und zu bewerben, z. B. über nachhaltig mobile Packages
(Scuttari et al. 2016). Besonderes Augenmerk sollte im Sinne
der Nachhaltigkeit auf die bedachtsame Bewerbung weit ent-
fernter Märkte und die Vermittlung positiver Bilder alternativer
Mobilitätsformen zum Pkw und Flugzeug fallen (Kap. 13).
Hierfür ist den Akteurinnen und Akteuren, insbesondere
aus der Tourismusbranche, auf allen Ebenen (lokal, regional, Länder und Bund) das Thema Nachhaltigkeit und Klima-
wandel im Tourismus besser bewusst zu machen.
3.5.3 Wissenslücken und Forschungsbedarf
Auch wenn das Thema der Tourismusmobilität in Österreich
grundsätzlich bekannt ist und auch die Notwendigkeit zu han-
deln auf verschiedenen Ebenen gesehen wird, so sind die Da-
tenlage und der Wissensstand um den Anteil des Tourismus an
der Verkehrsleistung im Personen- und Güterverkehr und in
weiterer Folge an den tourismusbedingten Treibhausgasemis-
sionen mangelhaft. Zudem fehlen Informationen über das
gruppenspezifische Mobilitätsverhalten von verschiedenen
Urlaubersegmenten und deren Akzeptanz unterschiedlicher
Mobilitätsangebote sowie über die Wirkung von Steuerungs-
und Lenkungsmaßnahmen. Diese Informationen wären für
unterschiedliche weiterführende Aktionen notwendig:
• Aufnahme von Maßnahmen im Bereich der Tourismus-
mobilität in Klimaschutzkonzepte unterschiedlicher
Ebenen und Abschätzung deren Wirkung,
• Ermittlung verschiedener Szenarien, z. B. von unter-
schiedlichen Energiepreisen auf das Verkehrsverhalten
von Touristinnen und Touristen sowie von Bediensteten,
• systemdynamische Analyse von Wechselwirkungen
zwischen Tourismus, Verkehr und Klimawirkungen
sowie Reboundeffekten aus anderen Bereichen.
3.6 Zusammenfassung
Der Tourismus ist eng mit dem Thema Mobilität verknüpft.
Für die Erreichbarkeit der Destinationen sind die entspre-
chende Verkehrsinfrastruktur, aber auch geeignete Mobilitäts-
angebote notwendig. Österreich bietet über sein hochrangiges
Straßen- und Schienennetz und seine Flughäfen sehr gute
überregionale und internationale Verbindungen. In peripheren
Gebieten fehlen jedoch oft klimaschonende Angebote, die
ähnliche Reisezeiten, Komfort und Flexibilität bieten wie der
Pkw (hohe Übereinstimmung, mittlere Beweislage).
Entsprechend aktueller Befragungen nutzen rund 75 % der
Österreichurlauberinnen und -urlauber den Pkw für die An-
reise zu ihrem Urlaubsort. Platz zwei bei der Verkehrsmittel-
wahl für die Anreise nimmt das Flugzeug mit rund 10 % ein,
die Bahn nutzen nur 8 % der Reisenden (hohe Übereinstim-
mung, mittlere Beweislage). Diese Entwicklung wird durch
den anhaltenden Trend zu Kurzurlauben mit möglichst kurzer
An- und Abreise einerseits, aber auch durch die Erweiterung
der Herkunftsmärkte, insbesondere auch weiter entfernter
Märkte wie Russland oder Asien, forciert. Ebenso verringern
geringer wahrgenommene Kosten bei Nutzung des eigenen
Pkws und Billigflugangebote die Bereitschaft, klimaverträg-
3 Mobilität, Transport und Erreichbarkeit von Destinationen und Einrichtungen 67
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Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263