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Von 2000/2001 bis zur Wintersaison 2017/2018 hat die
Pistenfläche in Österreich um 14 % zugenommen und die
Zahl der Beförderungen mit Aufstiegshilfen ist um 13 %
gestiegen (eigene Berechnungen auf Basis von WKO 2001,
2018). Die beschneite Pistenfläche wurde im selben Zeitraum
von 29 auf 70 % im Jahr 2018 erweitert (WKO 2001, 2018).
Daher ist einerseits von steigenden Emissionen auszugehen,
allerdings muss hierbei auch berücksichtigt werden, dass
Beschneiungsanlagen sowie Bahnen auch energieeffizienter
geworden sind. Eine Hochrechnung der Emissionen auf der
oben dargestellten Basis ist daher ohne detailliertere Informa-
tionen nicht möglich. Zudem stellen die Berechnungen von
Friesenbichler aufgrund der unzureichenden Datenverfüg-
barkeit nur einen groben Richtwert dar. Zu einer genaueren
Berechnung wären vollständige Angaben zur Nutzung der
Skigebiete in Österreich vonnöten. Dazu wäre es wünschens-
wert, nicht nur eine, sondern mehrere Wintersaisonen zu un-
tersuchen, um auch meteorologisch bedingte Schwankungen
in der Kunstschneeerzeugung zu berücksichtigen.
Eine Studie des Joanneum Research (Schwaiger et al.
2017) ist der Frage nachgegangen, inwieweit sich die hö-
here Reflexion von eingehender Strahlung über beschneiten
Pistenflächen (Albedoeffekt) im Vergleich zur geringeren
Rückstrahlung schneefreier Flächen auf die Klimabilanz
der Beschneiung auswirkt. Ein Startclim-Projekt (Weihs
und Laimighofer 2019) kam in Folge zum Schluss, dass die
Kühlwirkung in Schwaiger et al. (2017) aufgrund einer zu
stark vereinfachten Strahlungsmodellierung um das Sechs-
fache überschätzt wurde (Abschn. 2.3). Zudem müssten für
die Bewertung der Klimawirksamkeit nicht nur CO2-Emissio-
nen für die Beschneiung während des Betriebs berücksichtigt
werden, sondern auch CO2-Emissionen, die im Zusammen-
hang mit der zusätzlichen Pistenpräparation, der Produktion,
dem Transport und Aufbau der Beschneiungsanlagen stehen.
Derartige Berechnungen existieren derzeit noch nicht.
Neben dem Energieverbrauch wird häufig auch der hohe
Wasserverbrauch von Beschneiungsanlagen diskutiert (Rixen
et al. 2011). Dies gilt insbesondere in trockeneren Gebieten
(z. B. inneralpinen Trockenzonen). Auch wenn kein Wasser
„verbraucht“ wird, sondern am Ende des Winters wieder in
den Kreislauf zurückfließt, so könnten lokal durch den hohen
Wasserbedarf der Beschneiung in wasserarmen Perioden Nut-
zungskonflikte entstehen und zu Problemen bei der Schnee-
produktion führen. Diesem Problem wurde jedoch großflächig
mit dem Bau von Speicheranlagen begegnet. Windverfrach-
tungen, Sublimation und Verdunstung während und nach der
Beschneiung wirken sich negativ auf die Effizienz aus. Diese
Wasserverluste sind stark abhängig von lokalen Gegebenhei-
ten und daher nur schwer verallgemeinerbar. Für Österreich
wurden die Verluste auf 15–40 % für Lanzen und auf 5–15 %
für Propellerkanonen angegeben (Olefs et al. 2010). In vier
französischen Skigebieten war der geringste Verlust 25 % und
der höchste über 50 % (Spandre et al. 2016). Bei Eissportarten könnte ein Wechsel von Outdoor- zu In-
dooreinrichtungen zu einem erheblichen steigenden Energie-
aufwand führen, denn im Mittel liegt der Energiebedarf einer
Eishalle um rund das Vierfache höher als für eine Eisfläche
im Freien (Lampersberger et al. 2017). Allerdings besteht ein
großes Potenzial für energieeffizientere Eishallen, vor allem
bei der Kühlanlage, die rund die Hälfte des Strombedarfs aus-
macht.
6.4 Anpassungs-, Minderungsmaßnahmen
und Strategien
Mögliche Anpassungsmaßnahmen der Wintertourismus-
branche an den Klimawandel teilen sich in technische Maß-
nahmen einerseits und eine Anpassung/Diversifizierung der
Produktpalette.
Unter technische Anpassungsmaßnahmen fällt die Ab-
sicherung des Wintersportbetriebs. Die heute schon weit-
verbreitete technische Beschneiung (derzeit rund 70 % der
Pistenfläche in Österreich; WKO 2019) wird vermutlich noch
an Bedeutung hinzugewinnen. Dies beinhaltet die Intensi-
vierung der Beschneiung auf bereits ausgestatteten Flächen
(mehr Schneeproduktion in kürzerer Zeit) und die Erhöhung
des Anteils der beschneiten Flächen. Auch Langlaufloipen
werden zunehmend beschneit, wenn auch hierzu keine ös-
terreichweiten Zahlen gefunden werden konnten. Einher-
gehend mit dieser Entwicklung wird mit einem steigendem
Ressourcenbedarf (Wasser- und Energieverbrauch) gerechnet
(z. B. Steiger und Stötter 2013). Allerdings zeigen sich auch
Bestrebungen hin zu einer Steigerung der Effizienz, sowohl
im Bereich der Schneeproduktion als auch beim Schnee-
management. So hat beispielsweise das Forschungsprojekt
PROSNOW1 zum Ziel, ein Vorhersagesystem zu entwickeln
als Grundlage für die Optimierung der Beschneiungsprakti-
ken. Die möglichst effiziente Nutzung der klimatisch gut ge-
eigneten Beschneiungszeiten und Vermeidung von Beschnei-
ung im Grenztemperaturbereich könnten den Energieeinsatz
verringern. Kontinuierliches Monitoring der Schneehöhe auf
Pistenflächen ermöglicht eine zielgerichtetere Beschneiung
und Präparierung. Die hierdurch möglichen Einsparpoten-
ziale werden auf 20–25 % geschätzt (Rothleitner 2019).
Anlagen, die unabhängig von der Umgebungstemperatur
Schnee erzeugen können, sind derzeit entweder noch deutlich
weniger energieeffizient als die herkömmliche Beschnei-
ung oder produzieren kleine Eispartikel, die sich einerseits
weniger gut für die Präparierung der Skipisten eignen und
diese andererseits im Skibetrieb auch nicht so haltbar bleiben
(Rothleitner 2019).
Eine weitere technische Maßnahme zur Sicherung der
Ressource „Schnee“ ist die Anlage von Schneedepots oder
1 http://prosnow.org/.
Spezifische Komponenten des touristischen Angebots –
Aktivitäten116
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Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263