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„snow farming“ sowie das Abdecken von Gletscherflächen.
Dies wird eingesetzt, um einen frühen Saisonstart garantie-
ren zu können. Ein Feldversuch in Davos/Schweiz (1620 m)
und Martell/Südtirol (1710 m) ergab eine Konservierung
von 72–83 % der ursprünglichen Masse (Grünewald et al.
2018). Die Bilanz des nötigen Energieeinsatzes hierfür im
Vergleich zu herkömmlichen Methoden sowie weitere öko-
logische Probleme, die sich daraus ergeben, sind bisher noch
zu wenig untersucht.
Potenziale zur Emissionsreduktion bei Winteraktivitäten
bestehen beim Energiemix, d. h. dem Anteil erneuerbarer
Energien. Touristische Anbieter können auch eigenen Strom
produzieren, z. B. besteht die Möglichkeit, Kraftwerksanla-
gen in Beschneiungsanlagen zu integrieren (z. B. Kaltenbach,
Tirol; Land Tirol 2019). Auch Solaranlagen stellen ein inte-
ressantes Potenzial dar, da im Hochgebirge der Wirkungsgrad
der Anlagen durch die höhere Strahlung und kühleren Tem-
peraturen höher ist.2 Weitere Einsparmöglichkeiten ergeben
sich bei der Energieeffizienz von Gebäuden, insbesondere
Heizungen und Kühlanlagen (Lampersberger et al. 2017).
Höhenlage und Größe des Skigebiets sind wichtige De-
terminanten für dessen Rentabilität (Falk und Steiger 2019).
Bei repräsentativen Gästebefragungen in Österreich wurde
jedoch auch festgestellt, dass die Skigebietsgröße nur ein
Faktor von mehreren und auch nicht der wichtigste für die
Destinationswahl ist (Pröbstl-Haider und Mostegl 2016; Stei-
ger et al. 2020). Vielmehr ist zu beachten, dass unterschiedli-
che Segmente auch unterschiedliche Präferenzen haben. Ein
Ausweichen in höhere, schneesichere Lagen ist topografisch
nur in bestimmten Regionen möglich. Der Klimawandel als
Kostentreiber könnte auch den Trend zu größeren Skigebieten
weiter verstärken. Beides erhöht den Erschließungsdruck auf
sensible Hochgebirgsräume.
Häufig geforderte Anpassungsmaßnahmen sind der Aus-
bau in Richtung Vierjahreszeitentourismus und Alternativen
zu schneeabhängigen Produkten. Ersteres wird seit Jahren
von vielen Destinationen und auch Bergbahnen verfolgt.
Aufgrund der deutlich höheren Ausgaben von Wintergästen
(185 €/Tag) im Vergleich zu Sommergästen (160 €/Tag; Ös-
terreich Werbung 2018e, 2019) ist eine Kompensation von
Verlusten im Winter durch mehr Gäste im Sommer nicht ohne
Weiteres möglich. Zudem muss berücksichtigt werden, dass
die Nutzungsfrequenzen am Berg heute im Sommer deutlich
geringer als im Winter sind, eine Erhöhung auf das Winter-
niveau aber aufgrund unterschiedlicher Nutzungsart öko-
logisch nicht unproblematisch wäre.
Alternativen zum Thema Schnee im Winter sind derzeit
noch rar gesät, vermutlich auch deshalb, weil die verschneite
Landschaft auch für Nichtskifahrer einen wichtigen Anreiz
für Urlaub in den Alpen darstellt (Bausch und Unseld 2017).
Hierbei gilt es auch zu berücksichtigen, dass Investitionen
2 http://www.ehoch2.co.at/photovoltaik/pitztaler-gletscher.html. in die technische Sicherung des Wintersports durch visuelle
und/oder ökologische Beeinträchtigungen in der Destination
diese für Nichtwintersportler unattraktiver machen könnten
(Bausch et al. 2019).
Ein anderer wichtiger Punkt sind die Nachhaltigkeits-
anstrengungen von Wintertourismusdestinationen und -un-
ternehmen. Diese sind nicht nur durch die globale Erwär-
mung bedroht, sondern agieren auch in umweltsensiblen und
geschützten Gebieten und haben im Vergleich zu anderen
Branchen oft einen relativ flächen- und ressourcenintensiven
Geschäftsbetrieb. Viele Unternehmen und Destinationen sind
sich zunehmend ihrer Verantwortung für die Umwelt bewusst
und versuchen, den Energieverbrauch zu senken, den Einsatz
sauberer Energie zu erhöhen, umweltfreundliche Geschäfts-
praktiken und Verkehrsmittel am Zielort zu nutzen sowie
Maßnahmen zum Schutz des Bodens zu ergreifen. Auch
grüne Zertifizierungskennzeichen (Umweltzertifizierungs-
standards wie die ISO-14000er-Serie oder eine Zertifizierung
nach dem Eco-Management and Audit Scheme – kurz EMAS
–, wie zum Beispiel bei der Schmittenhöhebahn in Zell am
See) und die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten (Global
Reporting Initiative, GRI) zählen zu den möglichen Maßnah-
men (Österreich Werbung 2019). Bei den Skibetrieben gibt
es hierbei noch deutlichen Nachholbedarf. Wenige Skilift-
unternehmen (wie Aspen Ski Resort in den USA, Compagnie
des Alpes in Frankreich, Alpe d’Huez, Zermatt Bergbahnen
in der Schweiz sowie Betriebe in Lech, Planai-Hochwurzen
und Kaprun in Österreich) haben erfolgreich eine Umweltzer-
tifizierung beantragt (ISO 14000; Quelle: ISO-Datenbank).
Für Bemühungen in Richtung klimaneutraler Skigebiete
gibt es erste Belege.3 Dies wurde z. B. durch den Bezug bzw.
die Eigenproduktion des gesamten Stroms aus erneuerbaren
Energieträgern, Wiederaufforstung in der eigenen Region
sowie die Kompensation der noch anfallenden CO2-Emis-
sionen erreicht. Dies ermöglichte eine CO2-Bilanzierung,
welche auch als Grundlage für Verbesserungsmaßnahmen
innerhalb des Unternehmens dienen soll.
6.5 Handlungsoptionen, Kommunikations-
und Forschungsbedarf
Klimawandel bedeutet nicht zwangsläufig das Ende von
schneebasiertem Wintertourismus. Die zu erwartenden Ver-
änderungen sind regional sehr unterschiedlich ebenso wie die
verfügbaren Anpassungsmaßnahmen. Die Beurteilung von
Klimarisiken ist daher ein wichtiger Teil der Risikoabschät-
3 Siehe die Brunni-Bahnen (http://www.brunni.ch/ueber-uns-links/
ueber-uns/umwelterklaerung/), das seit 2018 erste als klimaneutral zer-
tifizierte Bergbahnunternehmen der Schweiz, oder die Silvrettaseilbahn
AG (https://www.ischgl.com/de/More/Seilbahnunternehmen/Klima-
neutrales-Skigebiet), die ebenfalls seit 2019 als klimaneutral zertifiziert
wurde.
6 Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen im
Winter 117
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book Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263