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größeren alpinen Seen sind die Perspektiven positiv und
Anpassungsstrategien tendenziell nicht erforderlich (Pröbstl
et al. 2012). Dies liegt u. a. daran, dass die regionale Wert-
schöpfung vieler Seeanliegergemeinden vom Zweitwoh-
nungsbesitz mitbestimmt wird (u. a. auch durch Abgaben)
und der Inlandstourismus rasch auf gute Wetterbedingungen
für einen Badeurlaub reagiert. Dies entspricht auch den ein-
schlägigen Einschätzungen von Expertinnen und Experten
(Chladek 2005; Fleischhacker und Formayer 2007). Die
Entwicklungen im Sommer 2018, der besonders warm war,
bestätigen diese positiven Einschätzungen. So stieg mit den
stabilen guten Wetterbedingungen der Anteil der Inlands-
urlaubenden stark an (Österreich Werbung 2018b). Die
österreichischen Badeseen könnten zunehmend an Gästen
gewinnen, wenn im Mittelmeerraum ein weiterer Tempera-
turanstieg im Sommer erfolgt. Bei einer Befragung gaben
ca. 30 % der heimischen Strand- und Badeurlauber an, im
Falle extremer Hitze anstatt der Mittelmeerstrände die ös-
terreichischen Seen aufsuchen zu wollen (Fleischhacker
et al. 2009). Jeder sechste Gast plante, zukünftig bei ex-
tremer Hitze nicht mehr einen Badeurlaub zu bevorzugen,
sondern stattdessen etwas anderes unternehmen zu wollen,
wie z. B. einen Wanderurlaub in den Alpen.
Am Neusiedler See könnte durch eine erhebliche Re-
duktion des Wasserspiegels der Tourismus negativ betroffen
sein. Hier wurden daher Anpassungsstrategien differenziert
untersucht. Dabei zeigt sich, dass diese entsprechend den ver-
schiedenen touristischen Segmenten und Zielgruppen unter-
schiedlich ausfallen müssen. Für Familien waren Pools als
Anpassungsstrategie akzeptabel. Bei älteren Gästesegmenten
kann durch eine Diversifizierung im Bereich des Kultur- und
Naturtourismus eine Kompensation erreicht werden (z. B.
Exkursionen, Führungen, Weinerlebnisangebote; Pröbstl
et al. 2007; Pröbstl 2011).
Bei kleineren Badeseen, die sich wesentlich stärker
erwärmen, ist gesundheitsbezogenen Belastungen durch
entsprechende Anpassungsmaßnahmen zu begegnen. Zur
Vermeidung einer Zerkariendermatitis wird empfohlen, auf
das Füttern von Enten in Badegewässern zu verzichten, um
diese nicht anzulocken und damit zum bevorzugten An-
siedeln im Badegewässer beizutragen. Fetthaltige Cremes
etc. stellen für die Larven eine gewisse Barriere dar und
erschweren das Eindringen in die Haut, belasten jedoch
das Gewässer. Hilfreich ist auch das Abduschen nach dem
Schwimmen sowie gutes Abfrottieren im Anschluss. Nasse
Badekleidung sollte nach dem Schwimmen gewechselt und
mit Leitungswasser gespült werden. Weiterhin wird emp-
fohlen, nicht zu lange in seichtem Wasser zu schwimmen,
zu tauchen bzw. zu waten.
Zur Vermeidung weiterer Gesundheitsbelastungen an er-
wärmten Gewässern kommt einem Gewässermonitoring und
einer entsprechenden Kommunikation potenzieller Belastun-
gen eine besondere Bedeutung zu. Fischen als Urlaubs- und Freizeitaktivität
Anpassungsstrategien sind in diesem Bereich besonders
wichtig. Mit ansteigenden Wassertemperaturen sind eine
weitere Verkleinerung der Lebensräume von Fischarten
sommerkühler Gewässer sowie die Zunahme temperatur-
sensitiver Fischkrankheiten zu erwarten. Maßnahmen, die
den ungünstigen Konsequenzen der Klimaveränderungen
entgegenwirken können, stellen die Verbesserung und Ver-
netzung der Lebensräume der Fische sowie eine Verbreite-
rung und Bepflanzung des Uferstreifens dar. Neben einem
erforderlichen Monitoring der Fischbestände, die u. a. im
Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfolgt, ist hier
eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit notwendig,
um zumindest die bestehende Qualität für den Tourismus
zu erhalten.
Wassersportaktivitäten (Kanusport, Rafting
und Segeln)
Im Bereich des Kanusports sind Anpassungen bereits zu be-
obachten. Jindrich (2012) ermittelte, dass die Kanufahrenden
auf die zunehmenden Zeiträume mit Niederwasser bereits
reagieren. Immerhin 56,7 % der befragten Kanusportlerinnen
und -sportler weichen bei vorherrschendem Niederwasser
auf andere Flüsse und Gewässer aus. Dabei wird in Regionen
ausgewichen, die sich in Gletschernähe und im Alpenraum
befinden (Ötztal, Salzkammergut und Wildalpen). Sehr häufig
befinden sich die Ausweichorte auch außerhalb von Öster-
reich, u. a. in Slowenien. Innerhalb des Kanusports wird im
Zusammenhang mit Niedrigwasserständen, aber auch klein-
räumigen Hochwasserereignissen die Zunahme von Gefahren-
situationen und Verletzungsgefahren diskutiert (Zeilner 2007;
Jindrich 2012). Daher kommt auch hier einem Monitoring der
Gewässerbedingungen eine besondere Bedeutung zu. In diese
Aufgabe könnten auch Verantwortliche des Kanusports (Ver-
bände, Vereine, Kanuschulen oder Kanuklubs) aktiv miteinbe-
zogen werden. Potenzial für Anpassungsmaßnahmen besteht
auch durch Gewässerrenaturierungen, wie dem Rückbau einer
Wehranlage oder der Beseitigung von Uferverbauungen, wenn
dadurch eine durchgängige Befahrbarkeit entsteht oder die
Strecke für den Kanuslalom interessant wird (Zeilner 2007).
Weiterhin werden auch technische Anpassungsmaßnahmen
diskutiert. Dazu gehören künstliche Strecken bzw. Wildwas-
seranlagen, bei denen mithilfe von Pumpen oder Zuflüssen die
Verhältnisse in der Anlage (Veränderung von Geschwindig-
keit und Verlauf) an die Sportlerinnen und Sportler angepasst
werden können (BINGK o.J.). Diese Anlagen unterliegen so-
mit nicht den natürlichen Schwankungen und können eine Al-
ternative bei lang anhaltendem Niedrigwasserstand darstellen.
Eine weitere Strategie könnte auch darin bestehen, bei Kraft-
werksbauten oder anderen technischen Bauten an Gewässern
künstliche Passagen oder Slalomstrecken einzuplanen, um
möglichst viele Optionen für die Ausübung der Sportart im
eigenen Land zu behalten (Zeilner 2007).
7 Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen im Sommer und in den Übergangszeiten 143
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Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263