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wie Pools, Beschneiungsanlagen oder Golfplatzbewässerun-
gen, zu steigenden Kosten, dann kann dies die Anpassungs-
fähigkeit oder -bereitschaft einzelner Touristinnen und Tou-
risten übersteigen.
Diese Effekte ebenso wie die Nichtbeachtung kommuni-
zierter Risiken besitzen Einfluss auf die Destinationswahl. In
diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie viele
negative Erfahrungen schlussendlich zu einer Anpassung,
ggf. auch Abwanderung, führen (z. B. Wechselentscheidun-
gen von der italienischen Küste zu österreichischen Seen oder
von einem niedrig gelegenen österreichischen Skigebiet in
Schweizer Hochlagen).
Die Entwicklung spezifischer Anpassungsstrategien er-
fordert eine ganzheitliche Betrachtung des Urlaubs von der
Bewerbung, der Destinationswahl über die Anreise bis hin zu
den Aktivitäten. Beim Tourismus handelt sich auch nicht um
ein geschlossenes System, sondern es müssen daher auch die
Rahmenbedingungen integriert werden. Hierein fallen nicht
nur Flug- oder Benzinpreise, sondern auch die Attraktivität an-
derer Destinationen, die Promotion von speziellen Urlaubsfor-
men, wie etwa der Kreuzschifffahrt oder asiatischen Lifestyle-
produkten in exotischer Umgebung. Forschungsbedarf ergibt
sich in diesem Zusammenhang auch dahin gehend, dass diese
Prozesse nicht für alle Aktivitäten und Zielgruppen gleich
ablaufen, sondern die Einflussfaktoren für die Hauptmotive
(Kernaktivitäten) des Urlaubs, wie zum Beispiel Baden, Wan-
dern, Radfahren, jeweils getrennt ermittelt werden müssen.
7.6 Zusammenfassung
Die vorliegenden Forschungsergebnisse zeigen, dass sich
insgesamt die zu erwartende Saisonverlängerung tendenziell
positiv auf die österreichische Tourismusbranche auswirken
wird, da viele Sommeraktivitäten dadurch länger ausgeübt
werden können (hohe Übereinstimmung, starke Beweislage).
Es lässt sich auch ein positiver Zusammenhang zwischen ei-
ner zunehmenden Sonnenscheindauer und Übernachtungen
nachweisen. Darüber hinaus verändert der Klimawandel die
Rahmenbedingungen für die Aktivitäten in der freien Land-
schaft, wie gesundheitliche Belastungen und das Landschafts-
bild. Gerechnet wird mit einer stärkeren Verbreitung von
Zecken, Mücken, invasiven Arten oder allergenen Pflanzen
(Ambrosia) sowie mit erhöhten Gesundheitsrisiken beim Ba-
den, z. B. durch Algenbildung oder Zerkarien (hohe Überein-
stimmung, mittlere Beweislage). Im Hinblick auf das Land-
schaftsbild können durch die Folgen von Extremereignissen,
durch Nutzungsintensivierungen bei verbesserten landwirt-
schaftlichen Produktionsbedingungen, aber auch umgekehrt
durch Nutzungsaufgabe Auswirkungen entstehen (hohe Über-
einstimmung, schwache Beweislage).
Bezogen auf die Vielzahl der Aktivitäten müssen die po-
tenziellen Folgen des Klimawandels differenziert betrachtet werden, da hohe Abweichungen bestehen. Eine starke Be-
troffenheit ergibt sich vor allem bei Klettern und Hochtouren,
Fischen, Golf, Wasser- und Flugsportarten (hohe Überein-
stimmung, schwache Beweislage). Insbesondere zunehmende
Ausaperung (Steinschlag-, Blockschlaggefahr), Abschmelzen
von Gletscherzungen (häufig zunehmende Steilheit), Absen-
kung von Gletscheroberflächen (Ausbildung von Felsstufen
beim Übergang vom Gletscher zum Fels, vergrößerter Berg-
schrund) und Laufverlagerungen von Gletscherbächen sowie
der Verlust von Permafrost durch erhöhte Temperaturen haben
Auswirkungen auf die Aktivitäten Wandern, Bergtourengehen
und Mountainbiken. Aber auch die damit zusammenhängende
Infrastruktur, wie Kletterrouten, Schutzhütten, Seilbahnanla-
gen sowie Wege und Steige, und die Sicherheit der Gäste
bei deren Benutzung sind betroffen. Beim Fischen liegen die
Ursachen vor allem in der Erwärmung der Gewässer. Län-
gere Trockenheitsperioden beeinträchtigen den Wassersport
durch geringe Wasserstände, die vor allem das Ausüben von
Kanusport und Segeln beeinträchtigen können, und den Golf-
tourismus durch Ausfallen der trockenheitssensiblen Rasen,
falls nicht ausreichend bewässert werden kann oder darf. Die
Flugsportarten sind durch veränderte Windverhältnisse und
Thermik betroffen. Alle genannten Beeinträchtigungen sind
so gravierend, dass sie zu einem Destinations- oder Aktivi-
tätswechsel führen können. Für die Tourismusdestinationen
und teilweise auch die alpinen Vereine leiten sich daraus
jedoch zukünftig deutliche Kostensteigerungen für die In-
standhaltung der oben erwähnten Infrastruktur ab.
Bei allen Aktivitäten in der freien Landschaft können
erhebliche gesundheitliche Effekte durch Hitze ausgelöst
werden. Diese können von Hitzewallungen, einem Kreis-
laufkollaps (Synkope), Krämpfen über Erschöpfungszustände
bis zu Desorientierung reichen. Muskuläre Beanspruchung,
Dehydrierung und starker Elektrolytverlust wirken hier zu-
sammen und können durch weitere Faktoren wie Fettleibig-
keit, geringe Fitness, unzureichende Akklimatisation sowie
andere Belastungen wie Sonnenbrand verstärkt werden (hohe
Übereinstimmung, starke Beweislage).
Die Möglichkeiten, im Bereich der Aktivitäten Treib-
hausgasemissionen zu reduzieren, sind sehr eingeschränkt
und beschränken sich im Wesentlichen auf die alternative
Energiegewinnung im Zusammenhang mit Betriebsgebäu-
den (z. B. Fotovoltaik oder thermische Solaranlagen an Berg-
hütten, Hangars, Golfanlagen u. Ä.; hohe Übereinstimmung,
schwache Beweislage).
Auffallend ist, dass viele Zusammenhänge, wie etwa die
Veränderung der Windverhältnisse und der Thermik, nicht
oder kaum untersucht sind. Es bestehen im Hinblick auf die
Sommeraktivitäten in Österreich erhebliche Forschungsdefi-
zite, die die Beweislage negativ beeinflussen.
Aus den beschriebenen Ergebnissen lassen sich Kon-
sequenzen für den Tourismus ableiten: Auch wenn die At-
traktivität des Sommers insbesondere im Berggebiet steigt, so
Spezifische Komponenten des touristischen Angebots –
Aktivitäten148
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Tourismus und Klimawandel
- Title
- Tourismus und Klimawandel
- Authors
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Publisher
- Springer Spektrum
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Size
- 21.0 x 28.0 cm
- Pages
- 263