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Tragsessel und Sänften in Genua vom 16 bis Anfang des 18 Jahrhunderts 59
ein Himmel („cielo“) angeführt ist, also die Bedachung des Tragsessels.31 Eine genaue Be-
schreibung liefert auch Fynes Moryson, der anlässlich eines Aufenthalts in Genua im Jahr
1594 zu den dort verwendeten Tragsesseln bemerkte:
The chaires called Seggioli, whereof I spake in the discription of Naples, are also in use here,
in which the Citizens of both sexes are carried upon two Porters shoulders, through the
streetes lying upon the sides of hils, the chaires being covered with a curtaine drawne, and
having glasse windowes, so as they may see all men, and themselves be unseene. Besides, in
regard of the narrow streetes, and the steepe mountaines on all sides, they use horse litters
here in stead of Coaches.32
Wenig später, gegen Ende des Jahres 1599, machte der württembergische Hofbaumeister
Heinrich Schickhardt (1558–1635) im Zuge einer Italienreise in Genua halt. In seiner Rei-
sebeschreibung, die 1602 im Druck erschien, vermerkte er mit spürbarer Verwunderung,
dass das Transportwesen in Genau ganz anders funktionierte, als er das gewohnt war. Eine
besondere Rolle nahmen dabei Tragsessel ein, die er wie Moryson einer recht genauen Be-
schreibung würdigte:
Ob nuhn woll dise Gassen Rein unnd Sauber gehalten werden so seind sie doch so schmal
/ das offt einer / wegen deß Volcks getrenge / schwerlich mit einem Pferd / durch kom-
men mag / dann sie seind gemeinglich nicht uber vier / oder 5. Schrit brait. Kein Wagen
oder Karren wird in dieser Statt gesehen / sondern es werden alle Wahren / wie auch das
Brenholz / so woll in der Statt alß auff dem land / auff Mauleseln unnd Pferdten geführt.
Schwäre läst / alß lange Zimmerhöltzer / grosse Gütter Ballen / volle Faß / unnd derglei-
chen / werden gemeinglich durch 6. 8. 10. oder 20. Personen / nach dem der Last groß ist
/ getragen. Da alwegen 2. oder 4. ein stangen / an welche der Last / mit Sailern gehenckt
31 „Una coperta di panno negro per una carrega con una sola cortina tutta attacata col cielo fodrata
di taffetà nero con due altre cortine nere una di damasco, l’altra di taffetà“. ADP, scaffale 77.50.1,
Inventario dell’Heredità lasciata dal sig. Prencipe Gio: Andrea Primo – 1606, c. 103r. Aufgelistet
sind außerdem: „Una carrega a cubba di veluto morello fodrata di taffetà morello con sua frangia e
frangetta attorno in pezzi sette / Una carrega di feltro turchino di pezzi sette semplici / Una carrega di
feltro morella con tutti suoi fornimenti da braccie con suoi […] e fenogetto attorno di dentro è di veluto
turchino in pezzi n° cinque / Sei cortine di carrega di veluto turchino fodrate di taffetà cioè le tre con sua
frangia, et le altre senza con sue gassette / Una cortinetta di veluto morello fodrata di taffetà“. Ebenda,
c. 103r–v.
32 Fynes Moryson, An Itinerary Containing His Ten Yeeres Travell through the Twelve Dominions
of Germany, Bohmerland, Sweitzerland, Netherland, Denmarke, Poland, Italy, Turky, France,
England, Scotland & Ireland, Bd. 1 (London 1617, Nachdruck Glasgow 1907), S. 360.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918