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62 Farida Simonetti
Höhe von 47 Lire bezahlen musste.35 Aber auch noch weitere Fälle belegen, dass Karossen
häufig außerhalb Genuas beschafft wurden: Anlässlich der Hochzeitsvorbereitungen von
Giovanni Andrea II. Doria und Maria Polissena Landi im Jahr 1627 erscheint in Quellen
des Vorjahres, die eine Generalüberholung von Ausstattungsgegenständen für das Braut-
paar dokumentieren, unter anderem der Ankauf von zwei Karossen in Mailand zu einem
Gesamtpreis von 4200 Lire.36 Im Jahr 1678 lieferte ein Mailänder Sattler eine neue Ka-
rosse an Ridolfo Brignole, wobei sich ein „deutscher“ Sattler um einzelne Materialien und
Schmuckelemente wie Leder, Spiegelgläser und Borten kümmerte. Und schließlich kehrte
Anton Giulio Brignole 1699 von seinem Romaufenthalt mit einer Karosse nach Genua
zurück, die vergoldete Ornamente, Samtpolster, Damastvorhänge, Fiocken und Posamen-
teriearbeiten aufwies.37
Wo auch immer sie hergestellt sein mochten, Karossen, Sänften und „bussole“ – also
Tragsessel – fehlten fast nie in den Inventaren des Genueser Adels. Aus dem 1668 angeleg-
ten Nachlassinventar von Giovanni Andrea III. Doria († 1654)38, dem Vater von Giovanni
Andrea, der den vorerwähnten Tragsessel sowie eine Karosse in Auftrag gegeben hatte, geht
etwa hervor, dass er neben zwei Karossen, von denen eine aus Loano stammte, einer Sänfte
sowie drei Pferdesätteln auch neun „bussole“ besessen hatte. Letztere waren von grünem
oder von karmesinrotem Samt oder aber auch in Schwarz gehalten, geschmückt mit Gold-
borten und im Inneren mit goldbordiertem Atlas in leuchtend roter Farbe ausstaffiert.
Zudem wiesen sie auf ähnliche Weise gearbeitete Vorhänge auf, und in ihre Türen waren
Kristallgläser eingesetzt. Andere „bussole“ waren wiederum mit grüner Wachsleinwand be-
spannt. Die Sänfte war außen schwarz und innen mit goldenem und karmesinrotem Bro-
kat ausgestattet. Von den beiden Karossen war die eine außen mit schwarzem Rindsleder
bespannt und wies innen eine karmesinrote Samttapezierung mit Goldfransen auf. Die
andere, aus Loano stammende Karosse war mit hochrotem Samt ausstaffiert.
Aus dem 1627 angelegten Nachlassinventar des zwei Jahre zuvor verstorbenen Giovanni
Battista Spinola geht hervor, dass dieser sowohl eine Karosse, deren Tapezierung und Vor-
hänge aus blauem Damast gefertigt waren, als auch einen lederbezogenen Tragsessel („una
35 Merli hält bezüglich der aus Prag kommenden Karosse fest, dass sich auf Basis der von ihm ein-
gesehenen Quellen zwar nicht mehr ihr Preis rekonstruieren lässt, dafür aber die Transportkosten
von Prag nach Novi (39 Taler) und von Novi nach Genua (96 Lire für die Karosse und 45,40 Lire
für Diener und Pferde). Merli 1871 (wie Anm. 4), S. 27, Anm. 10.
36 Stagno 2007 (wie Anm. 1), Anm. 14: ADP, Banc. 66.2
37 Laura Tagliaferro, La magnificenza privata. „Argenti, gioie, quadri e altri mobili“ della famiglia
Brignole Sale, secoli XVI–XIX (Collana di saggistica 66, Genova 1995), S. 100 f.
38 ADP, scaffale 77.50.4, Inventario dell’heredità del Signor Principe Andrea Doria 3zo fatto dalla Si-
gnora principessa Donna Violante Lomellina [die Ehefrau] in atti del notaio Gio Stefano Ameglio
1668 [† 1654], Lettiche, carrozze, bussole et altro.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918