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66 Farida Simonetti
rega“ mit grünen Vorhängen aus Seidentaft 102 Lire bezahlen51 –, sondern auch für ihre
Erhaltung hohe Kosten anfielen. Als Andrea Spinola von Leuten, die bereits eine Sänfte
besaßen, in Erfahrung gebracht hatte, dass die laufend aufzubringenden Gelder für ein
solches Tragevehikel jährlich etwa 1000 Lire betrugen, klagte er über derart hohe Aus-
gaben. Wer eine Sänfte sein Eigen nannte, musste deshalb auch damit rechnen, häufig
mit dem Wunsch konfrontiert zu werden, diese auszuleihen.52 Dass die Erhaltungskosten
für Tragevehikel beträchtlich waren, findet auch in den Rechnungsbüchern53 von Adels-
familien Bestätigung. Ein diesbezüglich wichtiges Zeugnis stellt das Rechnungsbuch54 der
Maria Caterina Durazzo dar, in dem Jahr für Jahr ihre Ausgaben detailliert angeführt sind.
Ihre Sänfte und ihre Karosse verursachten in den 1680er Jahren per annum Kosten in der
Höhe zwischen 800 und 900 Lire. Zum Vergleich seien hier auch andere Ausgabeposten
für das Jahr 1683 angeführt. Für die Waschfrau und für Seife wurden damals 203 Lire auf-
gewendet, für Getreide, den Mahlstein und den Ofen 668 Lire und für Wein für die Tafel
und die Dienerschaft, eingeschlossen die dafür anfallenden Steuern, 834 Lire. Im Jahr 1688
machte der Lohn für die gesamten Hausangestellten rund 919 Lire aus. Darunter befanden
sich auch die Besoldungen für den Sänftenknecht Antonio Fasce (144 Lire), jene für den
Oberpagen Michele Campodonico (64 Lire) und jene für den Koch (152 Lire). Zu den re-
gelmäßig angeführten Kosten, die von Jahr zu Jahr nur geringfügig variierten, zählten au-
ßerdem Zahlungen an den Spengler, den Polsterer („parasoliere“) und den Tischler („ban-
calaro“). Hinsichtlich der Sänfte fielen zudem Kosten für den Unterhalt der Maultiere an:
Hafer, Geschirre, Zahlungen an den Hufschmied, für die Stallmiete und schließlich auch
für den Priester, der die Tiere segnete. Außerdem waren neben den Lohnkosten auch noch
weitere Ausgaben für Pagen und Sänftenknechte zu berücksichtigen, unter anderem für
die Dienerlivree, die aus Hut, Hosen, Rock, Schuhen und Strümpfen bestand. Gab es in
der Familie einen Trauerfall, fielen zusätzliche Ausgaben an, denn in solchen Fällen erhielt
nicht nur das Personal neue Trauerkleider, sondern es mussten auch die Tragsessel und
Sänften schwarz bezogen werden.
51 AS, n. 40, Libro dei conti di Gio Batta Spinola q. Antonio, c. 38.
52 Zit. in Merli/Belgrano 1874 (wie Anm. 18), S. 59.
53 Als Beispiel seien hier nur einige Ausgabeposten der Familie Brignole Sale angeführt: 1678 De-
zember 31: „L. 274.14 per il fornimento pittura ed altre spese in partite 9 per carrozza nuova.“; 1681
Dezember 31: „L. 21 per due coperte per le mule al ricamatore; L. 17.2 spese e fattura per cappelletto
di letica“; 1685 Dezember 23: „L. 23.4 sellaro e bancalaro per lettica; L. 45 al letichiero per salario“.
ASCG, Archivio Brignole, Libro di conti di Ridolfo Maria Brignole Sale 1678–1685, zit. nach Si-
monetti 1995 (wie Anm. 21), S. 36, Anm 34.
54 AS, n. 192, Libro delle spese fatte e delli denari havuti dopo la morte della signora Maria Catterina
Durazza Adorna 1682–1690, 1682, zit. nach Simonetti 1995 (wie Anm. 21), S. 30.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918