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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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68 Farida Simonetti gehen zu lassen, da das Zeremoniell dies nur für Botschafter vorsehe.60 Tatsächlich wurden Tragsessel im Alltag aber selbst für kürzeste Wegstrecken benutzt. Bartolomeo Paschetti hielt 1602 fest, dass sich die Damen Genuas stets in einer „carega“ tragen ließen. Hätten sie diese Transportmittel einst nur verwendet, um nahe der Stadt gelegene Dörfer zu errei- chen, würden sie sie mittlerweile auch innerhalb der Stadt bei Kirchgängen und Besuchen bei Verwandten oder Freunden benutzen.61 Im Jahr 1582 wurden Damen pauschal ver- dächtigt, sie würden nur deshalb zu Tragsesseln greifen, weil sie derart abends unerkannt das Haus verlassen könnten, was jedoch verboten sei. Aus diesem Grund wurde im selben Jahr mittels Dekret sowohl Frauen als auch Männern untersagt, sich in den frühen Nacht- stunden in einer offenen oder geschlossenen „carega“ transportieren zu lassen.62 Die Gewohnheit, sich innerhalb Genuas im Tragsessel zu bewegen, war so weit ver- breitet, dass auch Personen, die über keinen eigenen Tragsessel verfügten, einen solchen an mehreren festgelegten Standplätzen der Stadt mieten konnten. Zu den autorisierten Hal- testellen zählten verschiedene stark frequentierte Knotenpunkte Genuas, etwa der Platz gegenüber der Kathedrale San Lorenzo, weiterhin Soziglia, Campetto, die Strada Nuova, der Ponte della Mercanzia, der Ponte degli Spinola oder die Porte di Vacca. Die Tarife, die je nach Distanz zwischen 1 und 4 Lire lagen, wurden alljährlich öffentlich bekannt gemacht, wobei zwischen dem Preis für die Sesselträger und jenem für die Miete des Tragsessels selbst unterschieden wurde.63 7 Straßen- und Verkehrsverhältnisse Die Topographie Genuas ist von äußerst engen Gassen geprägt, was die Verbreitung von Tragsesseln offensichtlich stark beförderte. Dies unterstrich auch Hester Lynch Piozzi, die 1789 über Genua schrieb: 60 ASG, Politicorum 1663.17, 47, 1689 Juli 18. Zit. nach Simonetti 1995 (wie Anm. 21), S. 16 und 36, Anm. 39. 61 „[…] le nostre donne, […] se non fussero cotanto vaghe di farsi portare in carega per ogni breve camino, che facciano […]. Furono introdotte da principio nella vostra Città le lettiche, le seggiole invece dei cavalli, & delle chinee, che usavano i vostri maggiori ne’ tempi adietro per andar più agiatamente nelle ville discoste uno, ò due miglia dalla Città, ma hora si adoperano etiam dio per andare per la Città nelle Chiese, & in visita di parenti, ò amici, & l’usa hoggidì per certa vana grandezza ogni giovane donna, benche disposta, & sana sia della pesona.“ Bartolomeo Paschetti, Del conservare la sanità e del vivere dei genovesi (Genova 1602), S. 172. 62 Merli 1871 (wie Anm. 4), S. 24; Grosso 1942 (wie Anm. 9), S. 23. 63 „[…] intendendo però che per il porto di persone in bussola, ossia seggetta, si debba pagare il doppio fra tutti due li camalli e più soldi due per la piggione della bussola ossia seggetta“. ASG, Arti, 176/32, Facchini, 1624 August 28. Zit. nach Simonetti 1995 (wie Anm. 21), S. 31 und 38, Anm. 88. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Title
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Subtitle
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Author
Mario Döberl
Editor
Alejandro López Álvarez
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Size
17.5 x 24.7 cm
Pages
432
Categories
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