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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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Tragsessel in der spanischen Monarchie des 16 und 17 Jahrhunderts 95 tig zu Boden, und der König gab lachend zur Antwort: „Gehen wir langsamer voran, denn die Damen befehlen es so, und sie haben recht“.55 Mit Hilfe von Barrionuevo lässt sich auch gut dokumentieren, wie schnell sich die oben erwähnte galante Verhaltensweise in der Hofgesellschaft verbreitete. Für das darauf fol- gende Jahr berichtete er nämlich, dass die Condesa de Niebla beinahe täglich Zeit im Haus ihres Vaters verbrachte und ihr Gemahl sie zu Fuß neben dem Tragsessel gehend hofierte; allein mit dieser Raffinesse hat sie ihn schon völlig betört, und man erwartet, dass sie noch große Dinge und Galanterien mit ihm vorhat.56 Im Unterschied zu diesen Zeremonien mit öffentlichem Charakter halfen Tragsessel den Monarchinnen auch dabei, ihre eigene zeremonielle Präsenz zu differenzieren. Tragsessel, so wie auch andere Fahrzeuge, etwa Kutschen oder zum Beispiel die für den spanischen Barock so charakteristischen pasadizos57, ermöglichten ihren Benutzern, Einfluss auf das eigene Auftreten im öffentlichen Raum zu nehmen. Dazu gehörte auch die Option, sicht- bar zu sein, ohne gesehen zu werden. Besonders deutlich geht diese Möglichkeit aus Versen des Hofpoeten Suarez Deza hervor.58 Wie wir später noch sehen werden, war die von den Monarchinnen praktizierte Vorgehensweise, mittels Verwendung von Tragsesseln auf die 55 „Aquella noche y tarde fue el festejo grande, acompañando el Rey a pie a su mujer, que iba en silla, y las damas tras él, locas de regocijo, tirándose las cestillas y ramilletes unas a otras, diciéndole a veces a Su Magestad: ‚¿Dónde nos lleva este rodrigón, molidas tan aprisa y a pie?‘ (éste es el nombre de los escuderos que se alquilan para fiestas), dejándose caer todas a la par y el Rey de risa, diciendo: ‚Vamonos más despacio, que lo mandan las damas, y tienen razón‘“. Jerónimo Barrionuevo de Peralta, Avisos, hg. und kommentiert von Antonio Paz y Meliá, 2 Bde. (Biblioteca de Autores Españoles 221–222, Madrid 1968–1969), Bd. 1, S. 89. 56 „[…] la va galanteando a pie al lado de la silla; con que le tiene loco solamente con esta fineza, y se espera ha de hacer con él grandes cosas y galanterías“. Ebenda, S. 153. 57 Alicia Cámara Muñoz, Pasadizos del Siglo de Oro: la arquitectura del símbolo. In: Revista de Occidente 73 (1987), S. 97–108. 58 In der Beschreibung eines Stierkampfes, der am St.-Johannes-Tag in Anwesenheit des Königspaars stattfand, verglich Suarez Deza die in einem Tragsessel befindliche Königin mit Aurora, die dem Sonnenwagen – dem König – folgt: „En una silla de manos,/ majestuosamente fina,/ con ser de todos mirada/ fue de muy pocos bien vista./ Súbditos, nobles y grandes/ acompañaban la silla,/ y hasta los que la llevaban/ eran de su compañía./ No te puedo decir más/ de que todos me decían/ que un pedazo de cristal/ engastado en coral iba“. Vicente Suárez de Deza, Romance. In: Esther Borrego Gutié- rrez, Un poeta cómico en la corte: vida y obra de Vicente Suárez de Deza (Teatro del siglo de oro. Estudios de literatura 70, Kassel 2002), S. 26–29, hier S. 26 f. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Title
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Subtitle
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Author
Mario Döberl
Editor
Alejandro López Álvarez
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Size
17.5 x 24.7 cm
Pages
432
Categories
Geschichte Vor 1918
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