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Vor 1918
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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Page - 102 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts

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102 Alejandro López Álvarez Das Jahr 1578 stellt einen Wendepunkt dar, denn damals wurde mittels Verordnung das Fahren von Kutschen mit weniger als vier vorgespannten Pferden untersagt. Die hohen Kosten für die Zugpferde – die wohl selbst die finanziellen Möglichkeiten vieler Vertreter der Oberschicht Kastiliens überstiegen – veranlassten so manche Personen, die sich weiter- hin im öffentlichen Raum in einem Vehikel zeigen wollten, auf Tragsessel umzusteigen beziehungsweise auf Wagentypen auszuweichen, die man zu einem späteren Zeitpunkt als „carricoches“ bezeichnete und die nur entwickelt wurden, um die erwähnte Verordnung zu umgehen.75 Diese Neuerungen fanden sogar in der Literatur ein Echo, fällt doch auch die erste literarische Erwähnung von Tragsesseln in diese Zeit. Aber auch verschiedene in den Cortes vorgebrachte Äußerungen reflektierten die eingetretenen Änderungen. Zwischen 1583 und 1585 fanden in Madrid Parlamentsversammlungen statt, in denen die Verbreitung von Tragsesseln angeprangert wurde. Mehrere Deputierte forderten König Philipp II. gar auf, ihren Gebrauch gänzlich zu verbieten. In den Capítulos Generales versuchten manche, ein umfassendes Verbot von Kutschen zu verhindern. Es wurde auch argumentiert, dass die Er- laubnis, zumindest in manchen Fällen Tragsessel zu verwenden, notwendig sei, da die An- forderung, den Kutschen vier Pferde vorzuspannen, einfach nicht von allen erfüllt werden könne. Als Lösung des Problems schlugen die Deputierten dem Monarchen die allgemeine Verwendung schlichterer und billiger dekorierter Fahrzeuge vor. Auch in einer anderen Forderung der Capítulos Generales zeigt sich das Bestreben, Ten- denzen der sozialen Differenzierung und ein Wetteifern um den Besitz prestigeträchtiger Fortbewegungsmittel zu unterbinden. Es wurde nämlich Kritik daran geäußert, dass sich nach der Einführung der obligatorischen Zahl an Zugpferden für Kutschen der Gebrauch von Tragsesseln vervielfacht habe, was unangemessene Ausgaben mit sich bringe und ganz allgemein als überflüssige Neuerung angesehen wurde: Das Verbot von Kutschen, denen weniger als vier Pferde vorgespannt sind, hat dazu ge- führt, dass sich Frauen in mit Vorhängen versehenen Tragsesseln befördern lassen. Obwohl dies obrigkeitswidrig ist, lassen sich einige, die es sich leisten können, von einem solchen Vorgehen nicht abhalten, was wiederum andere, deren Möglichkeiten es übersteigt, zur Nachahmung anspornt. Verschlimmert wird dies noch durch die Tatsache, dass es allein José Díaz Rodríguez, Las casas del deán don Juan de Córdoba: lujo y clientela en torno a un capitular del Renacimiento. In: Hispania Sacra 61/123 (2009), S. 77–104, hier S. 95 f. 75 Alejandro López Álvarez, Carricoche. In: Carlos Alvar (Hg.), Gran Enciclopedia Cervantina, bisher 10 Bde. (Madrid 2005–2017), Bd. 2, S. 1892–1895. Zusätzliche Details zu den Kutschen be- treffenden Reformbestrebungen finden sich in López Álvarez 2007 (wie Anm. 1), insbesondere S. 145–316. Eine Zusammenfassung der Thematik bietet Alejandro López Álvarez, Coches, carrozas y sillas de manos en la Monarquía de los Austrias entre 1600 y 1700: evolución de la legislación. In: Hispania 66/224 (2006), S. 883–908. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Title
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Subtitle
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Author
Mario Döberl
Editor
Alejandro López Álvarez
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Size
17.5 x 24.7 cm
Pages
432
Categories
Geschichte Vor 1918
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