Page - 114 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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114 Alejandro López Álvarez
Auch das Ablegen des Ordensgelübdes durch ein Familienmitglied konnte Anlass sein,
eine Parade mit Tragsesseln abzuhalten, wie dies etwa für den August 1639 dokumentiert
ist, als Doña Benita de Valladares, eine Nichte des Generalinquisitors, ins Kloster der Des-
calzas Reales eintrat. Als Paten waren der Duque de Villahermosa, der Conde de Ficallo
und die Condesa-Duquesa de Sanlúcar anwesend. Darüber hinaus nahm auch das Königs-
paar an der Zeremonie teil
und infolgedessen auch alle Granden von Spanien: Die Braut und die Trauzeugin kamen
in Tragsesseln, begleitet von der Dienerschaft ihrer Häuser, jener von Monterrey, Carpio,
Alcañices sowie der ihrer Verwandten.111
Da der Conde-Duque de Olivares in jenen Jahrzehnten der bedeutendste Vertrauensmann
des Königs war, kam auch seiner Gemahlin bei solchen Veranstaltungen eine entschei-
dende Rolle zu. Als am Tag des heiligen Benedikt im März 1641 eine Kammerdienerin
der Königin, Doña Ana María de Cerceda, eine Tochter von Doktor Roger, dem Vor-
steher von Señorío de Molina, als Nonne in den Orden der Barfüßigen Karmeliterinnen
eintrat, „stand das Königspaar Pate und die Condesa de Olivares führte sie im Tragsessel
und mit großem Gefolge zum Kloster.“ Tragsesselumzüge am Königshof waren wichtige
gesellschaftliche Ereignisse, bei denen adelige Damen ihre familiären Netzwerke und hö-
fischen Beziehungen ins Spiel bringen konnten. Dies zeigt sich beispielsweise anlässlich
der am 28. Mai 1642 erfolgten Eheschließung des Sohnes des Conde-Duque de Olivares,
Felipe Enrique de Guzman, mit Juana de Velasco. Im Anschluss an die in der Palastkapelle
abgehaltene Trauung
führte die Condesa Duquesa de Olivares die Braut spätabends in Tragsesseln und mit gro-
ßem Gefolge zu ihrem Heim, das sich im Haus des Conde de Chinchón befand, wo die
Hochzeit vollzogen wurde.112
Einem Bericht der Gräfin d’Aulnoy ist zu entnehmen, dass die Prozession mehr als fünf-
zig Tragsessel und ebenso viele Karossen umfasste, die den Weg vom Schloss der Duquesa
111 „[…] y en esa consecuencia toda la Grandeza de España: vinieron novia y madrina en sillas, acompaña-
das de los criados de las casas suya, Monterrey, Carpio, Alcañices, y todas las de la parentela“. Antonio
Valladares de Sotomayor, Semanario erudito, que comprende varias obras inéditas críticas, mo-
rales […] y jocosas de nuestros mejores autores antiguos, y modernos, 34 Bde. (Madrid 1787–1791),
Bd. 31, S. 61.
112 „[…] a la noche sacó la Señora Condesa Duquesa de Olivares en sillas y con acompañamiento grande,
a la novia, a su casa, que es en las del señor conde de Chinchón, y se consumó el matrimonio“. Valla-
dares de Sotomayor 1787–1791 (wie Anm. 111), Bd. 31, S. 61, Bd. 32, S. 18 und 267.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918