Page - 117 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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Tragsessel in der spanischen Monarchie des 16 und 17 Jahrhunderts 117
benutzten Adelige ihre Tragsessel, sondern auch in ihren eigenen Herrschaftsgebieten, wo
sie ihre Machtstellung wie an keinem anderen Ort zur Entfaltung bringen konnten. Der
Franzose Bertaut schilderte etwa mit Erstaunen die Ausstattung adeliger Marställe, die er
bei einer Corrida im nahe Sevilla gelegenen Ecija in Augenschein nehmen konnte: Wäh-
rend der Marqués de Priego mit einem mittelgroßen Gefolge auftrat, erschien der Duque
de Osuna
mit drei sechsspännigen und zwei vierspännigen Maultierkarossen; seine Frau wurde im
Tragsessel getragen; hinzu kamen noch zwölf oder fünfzehn Männer zu Pferd oder Maultier
sowie zwei Trompeter.119
Auch bei der Hochzeit des Duque de Braganza mit der Tochter des Duque de Medina
Sidonia im Jahr 1633 wurde ein außergewöhnlicher Aufwand betrieben. Der Bräutigam
hatte seiner Braut eine von äußerst prachtvollen Pferden gezogene Karosse, die mit vergol-
deten Bauteilen aus Silber versehen war, für ihren Einzug in Elvas bereitgestellt. Außerdem
hatte er ihr einen von zwei groß gewachsenen Schwarzen („dous negros grandes“) getrage-
nen Tragsessel zugesandt, einen weiteren von zwei Maultieren beförderten Tragsessel sowie
viele Sänften und Kutschen („muitas Liteiras; e Coches“). Am Hochzeitstag kam die Du-
quesa in einer Karosse und in Begleitung von zwei Kammerdienern ihres zukünftigen Ge-
mahls bei der Kathedrale von Elvas an. Nachdem sie das Gefährt verlassen hatte, stieg sie
in den von den beiden Schwarzen bedienten Tragsessel und ließ sich in den Kirchenraum
bringen. Nach Beendigung der Trauungszeremonie verließ die Duquesa in gleicher Weise
wieder die Kirche und begab sich zum Bischofspalast, wo ein Bankett gegeben wurde.120
Im Jahr 1640 kam es zu einer Eheschließung zwischen Mitgliedern der herzoglichen Häu-
ser von Medina Sidonia und Priego. Unmittelbar nach der Hochzeit in Montilla begab
sich das Brautpaar auf den Weg nach Cádiz und machte unterwegs in Ecija halt, wo die
beiden Jungvermählten in einer Karosse einzogen und darin bis zum Rathaus fuhren. Dort
angelangt, stieg das Paar aus dem Wagen, und der Duque begleitete seine Gemahlin „zum
dort schon bereitstehenden Tragsessel, und so stiegen sie hinauf zum Balkon“, wo sie von
den in großer Zahl versammelten Einwohnern begrüßt wurden.121
119 „[…] con tres carrozas de seis mulas y dos de a cuatro; su mujer llevada en una silla, doce o quince
hombres a caballo o sobre mulas y dos trompetas“. García Mercadal 1999 (wie Anm. 7), Bd. 3, S.
427 f. und 445.
120 Relassao do Cazamento do Duque de Barganca Dom Joaò segundo deste nome com a senhora
Dona Luiça Francisca de Gusman filha do Duque de Medina Çidonia e de tudo o que passou na
ocaziao e seu reçebimento (1639), BNE, Mss. 18.633/53, unfol.
121 „[…] a la silla de manos, que para este efecto estava allí prevenida, y subieron al balcón“. Antonio de
Chirino Bernárdez, Panegírico nupcial. Viaje del Excelentísimo señor don Gaspar Alonso Pérez
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918