Page - 121 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Image of the Page - 121 -
Text of the Page - 121 -
Tragsessel in der spanischen Monarchie des 16 und 17 Jahrhunderts 121
Doch standen – wie bereits erwähnt – vor allem die Vizeköniginnen im Mittelpunkt des
Tragsesselzeremoniells.
Die Ankunft eines neuen Vizekönigs gab dessen Gemahlin Gelegenheit, ihre eigene
Position durch einen Besuch bei der Familie des scheidenden Amtsinhabers zu unterstrei-
chen. Dies lässt sich etwa für den Mai 1629 beobachten, als der Marqués de Guadalcá-
zar die Leitung des Vizekönigreichs abgab und die neue Vizekönigin seinen Töchtern in
einem reich verzierten Tragsessel im Beisein der gesamten Garde und mit prächtigem Ge-
folge einen Besuch abstattete.133 Genau wie die Königin am spanischen Hof wurde auch
die Vizekönigin von verschiedenen hohen Herren zu Fuß begleitet. Als die Condesa de
Salvatierra, die Witwe des kurz zuvor verstorbenen Vizekönigs von Peru, am 28. Januar
1660 ihr Haus verließ, um sich nach Spanien einzuschiffen, wurde sie vom neuen Vize-
könig wie folgt begleitet:
[…] sie kam in einem Tragsessel, der von zwei spanischen Lakaien transportiert wurde:
und auf einem der Tragsesselgurte ruhte die Hand des Herrn Vizekönigs, Conde de Alba
de Aliste, und auf dem anderen jene von Don Juan Enríquez, seinem Sohn. Sie wurde vom
Herrn Erzbischof, Don Pedro de Villagómez, allen hohen Beamten der hiesigen Real Au-
diencia und sämtlichen adeligen Herren dieser Stadt bis zum Pier begleitet.134
Weitere zeremonielle Ereignisse, bei denen Vizeköniginnen nach Vorbild der Königinnen
in Madrid öffentliche Auftritte im Tragsessel bestritten, waren laut zeitgenössischen Quel-
len feierliche Begleitungen, Kirchgänge, Taufen oder Hervorgänge nach Geburten.135
Selbstverständlich machten in Übersee auch kirchliche Amtsträger Gebrauch von Trag-
sesseln. Sie wurden darin durch die Stadt getragen und statteten damit Besuche ab.136 In
manchen Fällen griffen sie zu Tragsesseln, um ihre Sichtbarkeit zu erhöhen, in anderen
excelentíssimo señor Príncipe Duque de Montalto, quando vino por virrey, y capitán general del
reyno de Valencia, el año M.DC.LII. In: Genaro Alenda y Mira, Relaciones de solemnidades y
fiestas públicas de España, 2 Bde. (Madrid 1903), Bd. 1, Nr. 1128.
133 „[…] fue en una silla muy ricamente aderezada a vissitar a las señoras hijas del Sr. Marqués de Gua-
dalcázar con toda la guardia y acompañamiento abentajado“. Juan Antonio Suardo, Diario de Lima:
1629–1634, hg. von Rubén Vargas Ugarte, 2 Bde. (Lima 1936), Bd. 1, S. 3.
134 „[…] salió en una silla de manos, que la cargaron dos lacayos españoles; y por la una banda de la silla
llevaba puesta su mano el señor virrey Conde de Alba de Aliste, y por la otra parte, D. Juan Enríquez,
su hijo. Y más, le acompañaron hasta la planchada, el señor Arzobispo D. Pedro de Villagómez, todos
los oidores de esta Real Audiencia y toda la nobleza de los caballeros desta ciudad“. Josephe de Mu-
gaburu/Francisco de Mugaburu, Diario de Lima: 1640–1694, hg. von Carlos A. Romero (Lima
1935), S. 35.
135 Einige Beispiele hierzu finden sich in: ebenda, S. 49 f., 91, 94 f., 103, 117, 148 und 177.
136 Ebenda, S. 169 und 218.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
back to the
book Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts"
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918