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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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Page - 296 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts

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296 Mario Döberl beförderten. Bei einer Zahl von vier Sesselträgern lässt sich noch am ehesten annehmen, dass an jedem der vier Enden der Trageholme jeweils ein Mann anpackte. Fraglich ist hin- gegen, wie man sich die Arbeitsteilung bei sechs Sesselträgern vorstellen kann. Möglicher- weise standen auch in einem solchen Fall nur vier Männer gleichzeitig im Trageeinsatz, während zwei weitere Bedienstete neben dem Sessel hergingen, um der transportierten Person beim Auf- und Absteigen behilflich zu sein und um ihre müde gewordenen Kolle- gen im Bedarfsfall abzulösen. 5 Die Einführung von Miettragsesseln in Wien Bei der Einführung von Miettragsesseln war die kaiserliche Residenzstadt Wien im inter- nationalen Vergleich ein Nachzügler. In anderen europäischen Machtzentren waren der- artige öffentliche Verkehrsmittel schon seit langer Zeit verbreitet, als einem Kammerdiener des Grafen Kaunitz namens Michel de la Place im Jahr 1689 das erste kaiserliche Privileg verliehen wurde, Tragsessel in Wien gegen Bezahlung bereitzustellen. Zwar ist weder das Privileg erhalten noch sein genauer Wortlaut bekannt, doch lassen Schreiben351, die rund um die Ausstellung dieses Dokuments verfasst wurden, keine Zweifel daran, dass es zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen 5. August und 21. Oktober 1689 tatsächlich in Kraft trat. Aus einem Gutachten, das im Vorfeld vom Bürgermeister und vom Stadtrat Wiens eingefordert wurde, geht deutlich hervor, dass die Widerstände gegen die Einfüh- rung von Miettragsesseln beträchtlich waren. Im Gutachten wird einerseits betont, dass die bürgerlichen Wirte und alle anderen Personen, die Mietwagen unterhielten, besorgt seien, dass ihnen durch Miettragsessel finanzielle Nachteile entstehen könnten. Anderer- seits wird darin aber auch bezweifelt, dass für ein derartiges neues Gewerbe, das bisher „niemahlen alhier practicirt“ wurde, überhaupt die nötige Geschäftsgrundlage vorhanden sei: Die hohen und mittleren Stände würden weiterhin ihre eigenen Wagen verwenden, ausländische Adelige, die in Wien weilten, würden auch in Zukunft auf Mietkutschen zurückgreifen, und schließlich würden sich Bürger sowie Handwerker durch die Neuerung nicht davon abbringen lassen, weiterhin zu Fuß zu gehen. Wenn sich schließlich auch noch der Hofstaat außerhalb Wiens aufhielte, würde das Geschäft vollends zum Erliegen Ähnliches wird vom Hervorgang Maria Theresias nach der Geburt des späteren Kaisers Joseph II. im Jahr 1741 berichtet. Dabei wurden der Erzherzog und seine Aja in einem von sechs könig- lichen Sesselträgern beförderten Tragsessel von der Retirade zur Augustinerkirche gebracht. ÖStA, HHStA, ZA, Prot. 18, fol. 84v–85r. 351 Einliegend in WStLA, Hauptarchiv – Akten, A1 – Hauptarchiv – Akten und Verträge, 32/1689, unfol. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Title
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Subtitle
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Author
Mario Döberl
Editor
Alejandro López Álvarez
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Size
17.5 x 24.7 cm
Pages
432
Categories
Geschichte Vor 1918
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