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Tragsessel an den Höfen der österreichischen Habsburger 311
Trag-Sessel-Ordnung.
Bekennen offentlich mit diesem Brieff / und thun kundt allermänniglich / daß Uns Unser
Cammer-Diener und getreuer lieber Heinrich Ernst Rauchmüller allergehorsambst zuver-
nehmen gegeben / was massen Er willens wäre / zu bessern Nutzen deß gemeinen Wesens
/ Erspahrung der kostbaren Kobel-Wägen / und Verschonung deß Stadt-Pflasters / auch
umb mehrer Bequemlichkeit und anderer Ursachen halber dahie / sowohl inn- als auch
ausserhalb dieser Unserer Residentz-Stadt Wienn / die Trag-Sessel / allermassen solches in
mehr andern Städten: benanntlich zu Londen / Pariß / Düsseldorf / München / Hannover
/ Turin / Brüssel / und dergleichen vornehmen Orthen mit guter Commodität / und Vor-
theil practicirt werde / zu introduciren; Solchemnach allerunterthänigst gebetten / daß Wir
ihme hierauff Unser Kayserl. und Lands-Fürstl. Privilegium zuertheilen gnädigist geruhen
wolten. Wann Wir dann gnädigist angesehen sein Supplicantens unterthängste Bitt / und
daß durch solch vorhabende Einführ- und Gebrauchung der Lehen-Trag-Sessel niemanden
praejudicirt / sondern hierdurch nur eine mehre Wohlfailkeit in mehr Sachen introducirt
wurde / vorhero aber eine Nothdurfft zuseyn erachtet / gleichfalls Unsere N. Oe. Regierung
/ und Cammer hierüber zuvernehmen / und deß Lohns / Werths / oder Taxa halber: was
nemblich von ein oder anderen Tag / Zeit / und Orth zubezahlen seyn mögte / mit dem
Supplicanten tractiren / und ein gewisses außsetzen zulassen. Als haben Wir darumben
/ über von gedacht-Unserer Regierung und Cammer derentwegen abgefordert- und ein-
gelangten Bericht und Gutachten: sodann Uns beschehenen gehorsambsten Vortrag / mit
wohlbedachten Muth / guten Rath / und rechten Wissen / in solch sein Rauchmüllers
allerunterthänigstes Bitten dergestalten gnädigst bewilliget / daß Er sich bey Außleihung
derley Trag-Sessel keiner andern Außländischen / sondern allein Teutscher Nation, und in
diesen Landen sich befindenden Leuthen gebrauchen / deßgleichen seinen gehorsambsten
Erbieten gemäß keinen Krancken / noch Laggey / und dergleichen ringfügige Liberee-Per-
sonen (ausser die Pagen) vil weniger einen Juden tragen lassen. Sovil aber die Satzung: was
nemblich von einem Trag-Sessel / oder Mühe / Weite des Weegs / auch allen Umbständen
nach / der Billichkeit gemäß zunehmen seye / belanget / demselben jedesmahl von einem
Orth / zu dem andern in der Stadt / es seye hernach weit oder nahend / für das Hintragen
14. Kreutzer / und dann auff Verlangen / für das Zuruck- nach Hauß / oder andernwärtiges
Hintragen widerumb sovil / id est 14. Kreutzer / und im Fall man auch mehr Stund zu-
warten begehrte / für jedwedere Stund auch 6. Kreutzer: wofern aber ein Sessel auff den
gantzen tag: nemblich auff 12. Stund verlanget wurde / mehr nicht als 1. fl. 30. Kr. folgends
auff einen halben Tag pr. 6. Stund 45. Kreutzer inn und vor der Stadt zunehmen passirt:
Hingegen jedermann nicht allein den Hin- und Hergang / sondern auch alle Warth-Stun-
den / wie eben auff den gantzen und halben Tag in allweeg vorhinein bezahlen: benebens
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918