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334 Gudrun Szczepanek – Friederike Ulrichs
Max Emanuels, die 1719 in das Klarissenkloster Sankt Jakob am Anger in München einge-
treten war. Sie also saß nun mit dem kleinen Kurprinzen auf dem Schoß in dem Tragsessel,
der einst Maria Antonia gehört hatte. Anzumerken bleibt an dieser Stelle noch, dass das
bayerisch-österreichische Allianzwappen auf der Rückseite des Tragsessels auch für Karl
Albrecht und Maria Amalia passte, war sie doch die jüngste Tochter von Kaiser Joseph I.
aus dem Hause Habsburg.
In diesem Zeitraum scheint neben zwei Sänften nur noch ein einziger Tragsessel im
„Senfften Cämmerl“ des Hofmarstalls aufbewahrt worden zu sein. Das Inventar von 1726
nennt einen blausamtenen Tragsessel „von ihro churfürstl. Drtl. zu Cölln hechstmildisten
Angedenckhens“, der mit einer silbernen Borte verbrämt war.66 Der Kurfürst und Erzbi-
schof von Köln, Joseph Clemens Kajetan von Bayern, der zweitgeborene Sohn von Kur-
fürst Ferdinand Maria, war 1723 verstorben. Sein Tragsessel kam wohl als Erbstück nach
München in die Sesselkammer des kurfürstlichen Marstalls. Eine Notiz in dem darauf
folgenden Inventar von 1728 verrät, dass am 5. März 1727 nicht nur „die silbern Porten,
sondern auch die Sammeth ab der hintern Anlainwand und Sitzpolster ausgeschnide[n]
und entwendtet word[en]“. Zwei Jahre später wurde der Tragsessel dann zerstört und der
restliche noch vorhandene Samt für Sättel verwendet.67
Diese geringe Anzahl an Tragsesseln mag verwundern, gab es doch immerhin im zwei-
ten Halbjahr 1750 noch fünfzehn Sesselträger am Münchner Hof, die im Besoldungsbuch
namentlich aufgeführt werden.68 Die Differenz zu nur einem Tragsessel im Marstallin-
ventar könnte darauf verweisen, dass Mitte des 18. Jahrhunderts die Tragsessel nicht mehr
in Depots des kurfürstlichen Marstalls aufbewahrt wurden. Vermutlich dienten sie nun
weniger als repräsentatives Transportmittel, sondern vielmehr höfischen „Spaziergängen“
in den Lustschlössern, der Sommerresidenz Nymphenburg oder im dortigen Park.
3 Die Sesselträger
3 1 Sesselträger am Münchner Hof
Aufschlussreich ist auch ein Blickwechsel auf die Sesselträger am Münchner Hof. So fin-
66 BHStA, HR I, Fasz. 91, Nr. 56/2.
67 BSV.Inv0205, fol. 37v. – Vgl. Anm. 18.
68 BHStA, HR I, Fasz. 312, Nr. 350/3, fol. 186r–187v. Ein Sesselträger verdiente in sechs Monaten 58
fl. 48 kr., während der Oberststallmeister, der das höchste Amt am Hof innehatte, im selben Zeit-
raum 1500 fl. erhielt. – Für den Hinweis auf diese Archivalie danken wir herzlichst Dr. Brigitte
Volk-Knüttel.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918