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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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Page - 350 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts

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350 Marie Maggiani Flächen- und Tiefenwirkung. Belebt werden seine Kompositionen durch den Einsatz my- thologischer Figuren, durch stilisierte vegetabile Motive, durch Baldachine, Draperien und Kartuschen.14 Bérains eleganter Dekorationsstil war in ganz Europa äußerst beliebt, sowohl bei seinen Kunden als auch bei Künstlern und Handwerkern, so etwa auch bei Daniel Marot (1661–1752). Auf diese Weise entstand eine Vielzahl von Neuschöpfungen, die von Bérain inspiriert waren, dessen Entwürfe imitierten oder für eigene Zwecke adaptierten. Im Bereich des Wagenbaus kam es zu verschiedenen höchst erfindungsreichen, abwandel- baren Entwürfen, etwa von Jean Lepautre (1618–1682) mit seinen „Nouveaux dessins pour orner et embellir les carrosses et les chaises roulantes“ und Nicolas-Pierre Loir (1624–1679), der um 1650 auf elf Tafeln „Desseins Pour embellir Les Chaires [sic] Roulantes nouvellement inventez par N. Loire, et gravez Par Alexis Loire“ publizierte. Der Tragsessel des Petit Palais hebt sich durch die Pracht seines Dekors, die Qualität der eingesetzten Materialien und die Sorgfalt in der Ausführung selbst kleinster Details von anderen Tragsesseln jener Zeit deutlich ab. Über die damals weit verbreiteten, einfa- cheren Tragsessel liegen leider nur wenige Informationen vor. Es heißt, die Mitglieder der Hofgesellschaft und andere Vertreter der Oberschicht hätten die Verwendung derartiger Transportmittel rasch übernommen, da diese sich für kurze Strecken innerhalb des Stadt- gebiets als äußerst praktisch erwiesen. Auf längeren Strecken blieb die Verwendung von Tragsesseln hingegen die Ausnahme.15 Die 1644 in Paris veröffentlichten „Lois de la Galan- terie“ priesen Tragsessel als dernière et nouvelle commodité si utile, qu’ayant été enfermé là-dedans sans se gâter le long des chemins, on peut dire qu’on en sort aussi propre, que si on sortait de la boite d’un Enchanteur […].16 14 Ein zierliches Laubwerkornament im Stil der „Bérinades“ bedeckt auch den Kasten eines Tragses- sels, der heute im Schoss Haroué, nahe Nancy, in einer Privatsammlung zu sehen ist. 15 In der Regierungszeit Ludwigs XIV. begab sich Maria Anna Victoria von Bayern (1660–1690), die Gemahlin Louis’, Dauphin von Frankreich, von Paris nach Fontainebleau. Wie ein Zeitgenosse berichtete, bewältigte sie die etwas mehr als fünfzig Kilometer lange Strecke in einem Tragsessel „à quarante deux porteurs; elle va presque aussi vite qu’en carrosse“. (Felix) Feuillet de Conches (Hg.), Journal du marquis de Dangeau, Bd. 1 (1684–1686) (Paris 1854), S. 399. Die Herzogin von Nemours reiste auf dieselbe Weise sogar bis in ihr Fürstentum Neuchâtel in der Schweiz. Louis- Sebastien Mercier, Tableau de Paris (Paris 1994, erstmals 1781–1783), Bd. 2, Kapitel „Chaise à porteurs“, S. 1291. 16 Bei „Les Lois de la galanterie, de nouveau corrigées et amplifiées par l’Assemblée générale des Galants de France“ handelt es sich um einen parodistischen Text, der 1644 in der „Nouveau Recueil des pièces les plus agréables de ce temps“ in Paris erschien und sich an ein mondänes Publikum richtete. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Title
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Subtitle
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Author
Mario Döberl
Editor
Alejandro López Álvarez
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Size
17.5 x 24.7 cm
Pages
432
Categories
Geschichte Vor 1918
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