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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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Résumé 385 tive Goldborten und -fransen appliziert sind. Das Kasteninnere ist mit Goldtuch tapeziert und mit Hunderten Ziernägeln geschmückt. Um die vorne positionierte Tür öffnen zu können, muss das Dach angehoben werden, was einst auch das Ein- und Aussteigen er- leichterte. Eine weitere herausragende Hervorbringung des Pariser Luxusgewerbes ist ein geschlos- sener Tragsessel, der wohl 1698 für eine Nichte Ludwigs XIV., Mademoiselle de Chartres, hergestellt wurde. Er ist heute im Kunstmuseum Petit Palais in der französischen Haupt- stadt ausgestellt. Dieses höchste Qualitätskriterien erfüllende Objekt weist in Form und Dekor mehrere Charakteristiken auf, die sich teils abgewandelt und meist in schlichterer Ausführung auch bei anderen erhaltenen französischen Tragsesseln feststellen lassen, die ebenfalls um 1700 entstanden, jedoch nicht im Zentrum der Monarchie, sondern in se- kundären Machtzentren beziehungsweise in der Peripherie des Königreichs. Vom Tragses- sel der Mademoiselle de Chartres ausgehend, setzt sich der Frankreich gewidmete Beitrag des vorliegenden Bandes unter anderem mit der Frage auseinander, welche unterschiedli- chen Verbreitungswege für neueste, im Zentrum der Monarchie entwickelte Modelle exis- tierten und wie rasch die neuesten Pariser Designs fernab der Hauptstadt rezipiert wurden. Mit Sicherheit waren in Fachkreisen Vorlagen für den Bau von Tragsesseln in Form von Zeichnungen, Stichen, Modellen oder gar „Katalogen“ im Umlauf. Auch der persönliche Austausch unter Berufskollegen spielte bei der Verbreitung von Entwürfen gewiss eine Rolle. Formulierungen in manchen Rechnungstexten belegen zudem den Wunsch von Kunden, dass ein in Auftrag gegebenes Vehikel einem Vorbild entsprechen sollte. Auch Bestellungen bei Sattlermeistern, die Hunderte Kilometer entfernt vom Auftraggeber an- sässig waren, trugen zur Diffundierung aktueller Moden bei. All diese Wege führten dazu, dass sich besonders gelungene Tragsesseldesigns, wie beispielsweise jenes, das dem Tragses- sel der Mademoiselle de Chartres zugrunde liegt, zumindest in wesentlichen Zügen relativ rasch auf dem gesamten französischen Territorium und auch darüber hinaus verbreiteten. Ein weiterer Schwerpunkt des Kapitels über französische Tragsessel liegt auf deren De- kor und deren Ausstattung. Die untersuchten Tragsessel weisen an den hölzernen Kasten- wänden fein geschnitzte oder aber auch einfach gehaltene Zierleisten auf und sind mehr oder weniger aufwendig bemalt. Stets ist das Wappen des Besitzers dargestellt, für Ehe- paare häufig auch ein Allianzwappen. Bei den gemalten Dekorationen wurden zudem ver- schiedenste ornamentale Formen, mythologische Darstellungen oder Allegorien geschätzt, nicht aber Historienmalereien oder Porträtdarstellungen. In die Kastenvorderwand und die beiden Seitenwände waren meist drei, seltener fünf Fenster eingelassen, die sich durch ein Versenken der Scheiben in einen unterhalb des Fensters gelegenen Hohlraum der Kas- tenwand öffnen ließen. Bei älteren Modellen wurden die Seitenfenster hingegen durch ein horizontales Verschieben der Scheiben geöffnet. Auch qualitative Abstufungen in der Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Title
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Subtitle
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Author
Mario Döberl
Editor
Alejandro López Álvarez
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Size
17.5 x 24.7 cm
Pages
432
Categories
Geschichte Vor 1918
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