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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Transdifferenz 29 durch die deutschsprachige, römisch-katholische Majoritätsgesellschaft innere Ko- lonisierung betrieben wurde, ging es dabei auch um das eigene Fremde.15 Wie am populären Beispiel der Figur der ›Zigeunerin‹, der stereotypen Figur der ›schönen Wilden‹, erkennbar ist,16 sind sowohl die intertextuellen Bezüge als auch die literarische Stereotypisierung Hinweise auf die ethnografische Welle. Viele der Figurenkonstruktionen migrantischer Autorinnen verweigern sich je- doch einer Fortschreibung diesbezüglicher literarischer Stereotype wie sozialer Vorurteile. Sie schaffen Konstruktionen des sozial wie ethnisch Fremden, die ein- deutig sprachlich-kulturelle wie praktische Kenntnisse dieses Fremden aufwei- sen. Auch wenn im Sinne von Spivaks Diktum17 die Erzählposition niemals jene der Subalternen sein oder deren authentische Gedanken zum Ausdruck bringen kann, ermöglichen sie durch Figuren-Psychologisierung und innere Fokalisierung – durch Einblicke in eine mögliche andere symbolische Ordnung, in eine alter- native Handlungslogik – ein Denken an den Grenzen des Eigenen und eine neue, verständnisvollere Wahrnehmung des Fremden. Hartmut Rosa hat darauf hingewiesen, dass das Verständnis für einen frem- den Bedeutungshorizont – jene Matrix, welche für die Selbstbestimmung der in- dividuellen Identität maßgeblich ist – die zumindest teilweise Übernahme einer Teilnehmerperspektive erfordert. Der sprachliche Dialog allein reiche dazu nicht aus. Auch das Beherrschen der fremden Sprache sei zu wenig, da sie nur aufgrund des impliziten Wissens der kulturellen Praxis möglich sei. Umgekehrt gelte: Um die fremden Praktiken verstehen zu können, muss man auch über die nötigen Sprachkenntnisse verfügen.18 Mehrsprachigkeit war im multiethnischen Gebilde der Habsburger Monarchie durchaus an der Tagesordnung, Michaela Wolf spricht etwa vom »habitualisierten« beziehungsweise »institutionalisierten Übersetzen«, das zur Alltagsverständigung vonnöten war, aufgrund der Mehrsprachigkeit der Bevölkerung jedoch – im Gegensatz zur (meist textbezogenen) »polykulturellen Translation« – ohne Vermittlungsinstanz auskam.19 Dieses Phänomen war nicht 15 | Vgl. Feichtinger, Johannes/Prutsch, Ursula/Csáky, Moritz (Hg.): Habsburg postcoloni- al. Anmerkungen zur Inneren Kolonisierung in Zentraleuropa. Innsbruck/Wien: StudienVerlag 2003. 16 | Vgl. Patrut, Iulia-Karin/Guţu, George/Uerlings, Herbert (Hg.): Fremde Arme – arme Fremde. ›Zigeuner‹ in Literaturen Mittel- und Osteuropas. Frankfurt a.M. u.a.: Peter Lang 2007. 17 | Vgl. Spivak, Gayatry Chakravorty: Can the Subaltern Speak? In: Nelson, Cary/Gross- berg, Lawrence (Hg.): Marxism and the Interpretation of Culture. Chicago: University of Illi- nois Press 1988, S. 271-313. 18 | Vgl. Rosa: Identität, S. 55. 19 | Vgl. Wolf, Michaela: Die vielsprachige Seele Kakaniens. Übersetzen und Dolmetschen in der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2012, S. 57f.; Rindler Schjerve, Rosita/Vetter, Eva: Historical sociolinguistics and multilingualism: Theore- tical and methodological issues in the development of a multifunctional framework. In: Rind- ler Schjerve, Rosita (Hg.): Diglossia and Power: Language Policies and Practice in the 19th Century Habsburg Empire. Berlin/New York: de Gruyter 2003, S. 35-66; Novak, Kristian: What can language biographies reveal about multilingualism in the Habsburg Monarchy? A case study on the members of the Illyrian movement. In: Linguistics/Jezikoslovlje 13 (2012) 2, S. 395-417, http://hrcak.srce.hr/91469 (zuletzt eingesehen am 12.8.2016).
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
Kunst und Kultur
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