Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Page - 53 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 53 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Image of the Page - 53 -

Image of the Page - 53 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Text of the Page - 53 -

Palimpsest über Anna O. 53 tisch den Unterschied von Oberfläche und Tiefe.11 Das Postulat eines absoluten Gedächtnisses im Bereich der Kultur lässt im Konzept der Transdifferenz wieder so etwas wie ein »Unbewusstes« entstehen, als die andere Seite nicht eines indivi- duellen, sondern eines kulturellen Gedächtnisses.12 In der Vorstellung dieses »Un- bewussten« wird dabei die psychoanalytische Differenz von Oberfläche und Tiefe nicht »verneint«, sondern wiederholt. Die Psychoanalyse verstärkt die Konnotation von »Tiefe« in der Metapher des Pa- limpsests durch andere Gedächtnis-Metaphern, u.a. die Metaphern der Archäologie und des »Ausgrabens«. Nicht ohne Grund hat Freud also in Das Unbehagen in der Kultur (1930)13 beide Metaphern über den Antike-Bezug miteinander re-assoziiert. Seine gleichzeitig formulierte Hypothese von der Unzerstörbarkeit der »Gedächt- nisspur« leitet sich dabei wohl mehr rhetorisch aus der Redewendung von Rom14 als »ewiger Stadt« ab als von einem realhistorischen Befund zu seinem Beispiel. Wir rühren hiermit an das allgemeinere Problem der Erhaltung im Psychischen, das kaum noch Bearbeitung gefunden hat, aber so reizvoll und bedeutsam ist, daß wir ihm auch bei unzureichendem Anlaß eine Weile Aufmerksamkeit schenken dürfen. Seitdem wir den Irrtum überwunden haben, daß das uns geläufige Vergessen eine Zerstörung der Gedächtnisspur, also eine Vernichtung bedeutet, neigen wir zu der entgegengesetzten Annahme, daß im See- lenleben nichts, was einmal gebildet wurde, untergehen kann, daß alles irgendwie erhal- ten bleibt und unter geeigneten Umständen, z.B. durch eine so weitreichende Regression, wieder zum Vorschein gebracht werden kann. Man versuche sich durch einen Vergleich aus einem anderen Gebiet klarzumachen, was diese Annahme zum Inhalt hat. Wir greifen etwa die Entwicklung der Ewigen Stadt als Beispiel auf. […] Nun machen wir die phantastische Annahme, Rom sei nicht eine menschliche Wohnstätte, sondern ein psychisches Wesen von ähnlich langer und reichhaltiger Vergangenheit, in dem also nichts, was einmal zustande gekommen war, untergegangen ist, in dem neben der letzten Entwicklungsphase auch alle früheren noch fortbestehen.15 11 | Assmann, Jan: Religion und kulturelles Gedächtnis. München: C.H. Beck 2000, S. 119. Auch schon innerhalb von Assmanns Argumentation ist die Vermeidung der Metaphorik von »Oberfläche« und »Tiefe« nicht konsequent. Vgl. etwa die Metaphorik des »Auftauchens«, ebd., S. 121: »Auch ein […] Buch kann sich mit einem gewissen Recht als eine aus völliger Vergessenheit aufgetauchte Schrift inszenieren.« 12 | Der hier implizit bleibende Bezug war in früheren Theorien der Interkulturalität noch explizit, Edward T. Hall etwa sprach in The Silent Language explizit vom »kulturell Unbewus- sten«. Vgl. Hall, Edward T.: Was ist Kultur? In: Allolio-Näcke/Kalscheuer/Manzeschke (Hg.): Differenzen anders denken, S. 227-242, hier S. 229. Vgl. auch Gebhardt, Jürgen: Interkul- turelle Kommunikation. Vom praktischen Nutzen und theoretischen Nachteil angewandter Sozialwissenschaft. In: Allolio-Näcke/Kalscheuer/Manzeschke (Hg.): Differenzen anders denken, S. 275-288, hier S. 278f. 13 | Freud, Sigmund: Das Unbehagen in der Kultur [1930]. In: ders.: Das Unbehagen in der Kultur und andere kulturtheoretische Schriften. Frankfurt a.M.: Fischer 2010, S. 29-108, hier S. 35-37. 14 | Zur privaten Bedeutung Roms für Freud vgl. z.B. Onfray, Michel: Anti Freud. Die Psycho- analyse wird entzaubert. München: btb 2013, S. 115. 15 | Vgl. Freud: Das Unbehagen in der Kultur, S. 35-37.
back to the  book Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns"
Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
Kunst und Kultur
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Transdifferenz und Transkulturalität