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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Christoph Leitgeb58 tischen Zuständen: Freud erscheint zunächst wie Breuer für die Therapie ausrei- chend, wenn der Patient unter Hypnose diffuse, unbewusste Inhalte unverknüpft ›aberzählt‹. Fraglich bleibt dabei, inwieweit die erzählte Erinnerung durch erlebte Ereignisse gedeckt sein muss, damit die Erzählung Heilkraft entfaltet: Jacques La- can z.B. kommt – gleichsam in einer narratologischen Ausrichtung – auf diese ur- sprüngliche Konzeption der psychoanalytischen Kur zurück, für die zwar wichtig ist, dass »irgendeine« Erinnerung in der Erzählung (re-)konstruiert wird, bei der die ereignishafte Faktizität hinter dieser Erinnerung aber sekundär bleibt: Wenn dieses Ereignis als Ursache des Symptoms erkannt wurde, so geschah das, weil in den ›stories‹ der Kranken seine Umsetzung ins Sprechen (paroles) das Symptom verschwin- den ließ. […] Aber im hypnotischen Zustand bleibt die Verbalisierung vom Bewußtwerden getrennt, und das sollte genügen, eine Revision der Auffassung ihrer Wirkung zu veranlas- sen. Doch warum statuieren hier die Helden einer behavioristischen Aufhebung [Deutsch im Original] nicht ein Exempel und erklären, daß sie nicht wissen müssen, ob das Subjekt sich an irgend etwas wieder erinnert hat? Es habe lediglich ein Ereignis erzählt, sagen sie. Wir dagegen sagen, es habe es verbalisiert oder […]: es habe es zu Wort kommen lassen (faire passer dans le verbe) oder genauer: zu jenem Epos, in dem es gegenwärtig von den Ursprüngen seiner Person berichtet. […] Kategorisch gesagt: es handelt sich in der psycho- analytischen Anamnese nicht um Realität, sondern um Wahrheit; denn es ist die Wirkung des vollen Sprechens, die Kontingenz des Vergangenen neu zu ordnen, indem es ihr den Sinn einer zukünftigen Notwendigkeit gibt.32 Der spätere Freud hingegen assoziiert das Auftauchen des Unbewussten im neuro- tischen Symptom immer stärker mit dem Konzept der Verdrängung. Er führt damit einen zusätzlichen Impuls ein, innerhalb des Gedächtnis-Palimpsests des Unbewussten die »Wahrheit« einer ganz bestimmten, nämlich der traumatischen Erinnerung zu entziffern.33 Innerhalb der »Hypnoidhysterie« also sollte […] eine Vorstellung dadurch pathogen werden, daß sie, in einem besonderen psychischen Zustand empfangen, von vorneherein außerhalb des Ich verblieben ist. Es hat also keiner psychischen Kraft bedurft, sie von dem Ich abzuhalten, und es darf keinen Widerstand er- wecken, wenn man sie mit Hilfe der somnambulen Geistestätigkeit in das Ich einführt. Die Krankengeschichte der Anna O. zeigt auch wirklich nichts von einem solchen Widerstand. Ich halte diesen Unterschied für so wesentlich, daß ich mich durch ihn gerne bestimmen lasse, an der Aufstellung der Hypnoidhysterie festzuhalten. Meiner eigenen Erfahrung ist merkwür- 32 | Lacan, Jacques: Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanaly- se. Bericht auf dem Kongreß in Rom am 26. und 27. September 1953 im Istituto di Psicologia della Università di Roma (1956). Übers. v. Klaus Laermann. In: ders.: Schriften. Ausgew. u. hg. v. Norbert Haas. Olten-Freiburg i.Br.: Walter 1973, S. 71-169, S. 93-95; vgl. Borch-Jacob- sen: Anna O. zum Gedächtnis, S. 17f. 33 | Vgl. die Verallgemeinerung des Prinzips des Wunderblocks bei Derrida: Freud, S. 344: »Ohne die Verdrängung ist die Schrift undenkbar. Ihre Bedingung besteht darin, daß es weder ausdauernden Kontakt noch vollständigen Bruch zwischen den Schichten gibt. Wachsamkeit und Scheitern der Zensur. […] Gäbe es nur Wahrnehmung, reine Durchdringlichkeit der Bah- nungen, dann gäbe es keine Bahnungen.«
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
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