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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Von Unkraut und Palimpsesten 77 setzt, die bei dem Hervorholen der Knoten vom Therapeuten angewandt wird, weil sie merkt, dass dieser sich während der Therapie ihre Erinnerungen aneignet. In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit dem Können, indem ich Martha in Bertha von Suttners Die Waffen nieder! (1889)9 als eine Erzähler(in)figur verste- he, die sich Autorität aneignen muss, um über ein so politisches und scheinbar anti-nationales Thema wie den Pazifismus wirksam schreiben zu können. Zu einer Zeit, als sich eine Frau nicht aktiv politisch engagieren konnte, war das Schreiben der einzige Weg, sich einem breiteren Publikum gegenüber zu äußern. Allerdings war das Schreiben über das Thema, das sich Suttner gewählt hatte, unerhört.10 Es ist deshalb kein Zufall, dass Martha sich und ihre Erinnerung beziehungsweise ihre Erfahrungen sorgfältig inszeniert, wobei gerade das Instabile ihrer Identität zu ihrer Autorität beiträgt. Diese Einsicht, zu der ich über die Metapher des Palim- psests gelangt bin, steht dem ersten Eindruck entgegen, es bei Suttner mit einer die meiste Zeit hysterischen jungen und später etwas älteren Frau zu tun zu haben, die zwar idealistische Vorstellungen hat, mit denen wir uns im Gegensatz zu ihrer eigenen Zeit sogar identifizieren können, die aber nicht nur überidealistisch da- herkommt, sondern eine ästhetisch fragwürdige Leistung hervorbringt, weshalb ihr Werk, das zunächst sehr populär und auch als literarisches Werk teilweise an- erkannt war, nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geriet. Danach erfreute es sich zwar wieder eines größeren Bekanntheitsgrades, wurde jedoch als histo- risches Werk und nicht als eines mit eigenem literarischen Anspruch rezipiert.11 Die Lektüre der oben genannten Werke soll dabei nicht nur einen differenzier- teren Blick auf Ebner-Eschenbachs und Suttners Schaffen vermitteln, sondern es soll auch diskutiert werden, inwieweit meine Leseweise für die Auseinanderset- zung mit einer Reihe anderer, nicht oder kaum kanonisierter Autorinnen im öster- reich-ungarischen Raum fruchtbar sein könnte. 2. desTabilisierendes erzählen und die erweiTerung des inTerpreTaTionshorizonTs Das tägliche Leben ist eine unbequeme Geschichte. Es wird allerdings erst da richtig unbequem, wo die existierenden Interpretationen aufhören. Helmut Koopmann hat natürlich recht, wenn er meint, dass Das tägliche Leben ein Beispiel für Ebner- Eschenbachs Inszenierung der Welt als eine »Katastrophenlandschaft« ist.12 Nor- malerweise wird in dieser Geschichte die Katastrophe darin gesehen, dass Gertrud in einer Familie, in der den Frauen, die bei Tisch und gegenüber ihrem Mann 9 | Suttner, Bertha von: Die Waffen nieder! Eine Lebensgeschichte (1889). Hg. und Nach- wort v. Sigrid und Helmut Bock. Husum: Verlag der Nation 22006. Im Folgenden: DWn. 10 | Biedermann, Edelgard: Erzählen als Kriegskunst. Die Waffen nieder! von Bertha von Suttner. Studien zu Umfeld und Erzählstrukturen des Texts. Stockholm: Almqvist & Wiksell International 1995, S. 2f. 11 | Vgl. ebd., S. 2f, 129-137. 12 | Vgl. Koopmann, Helmut: Spätherbst einer Gesellschaft. Soziale Erzählkunst in Marie von Ebner-Eschenbachs Novellen. In: Polheim, Karl Konrad (Hg): Marie von Ebner Eschen- bach. Ein Bonner Symposion zu ihrem 75. Todesjahr. Bern u.a.: Peter Lang 1994, S. 155-176, hier S. 160f.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
Kunst und Kultur
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