Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Page - 105 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 105 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Image of the Page - 105 -

Image of the Page - 105 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Text of the Page - 105 -

»Emma« alias »Emanuel« 105 habsburgischen Restauration nach dem Freiheitskampf von 1848/49) ein Landgut im ehemals höchstpersönlich bekämpften Ungarn erwirbt und daselbst moderne Landwirtschaft zu betreiben versucht. Dieser Ansiedlungsversuch ist auf seine Art und Weise ein Kampf zwischen transleithanischer Rückständigkeit und cisleitha- nischer Modernisierung, der im Roman durch einen ehelich-romantischen ›Aus- gleich‹ überwunden wird. Aladar, der Sohn des Gegenparts, des 1848er Veteranen Garanvölgyi, erweist sich nämlich als ein Mann, der das im Entstehen begriffene moderne Ungarn verkörpert, für das Jókai hier wirbt –, und Ankerschmidt kann ihn dabei mit mehr als nur ökonomischen Wissenschaften unterstützen: »Und dann noch Eins, meine Tochter,« sagte Ankerschmidt. »Mich verbittert sehr die Vergan- genheit, ich zürne sogar der Namen, sogar des Spiegels, der mein gestriges Antlitz zeigt. Ich bitte Dich, gewöhne Dich daran, daß ich Dich ferner statt ›Elis‹, als ›Oerschika‹ ansprechen werde. Und jetzt sieh nun nach der Hauswirthschaft, denn jetzt bist Du die Hausfrau.« Das Mädchen hüpfte in singender Tändelei davon. »Oerschika!« klang ihr die Stimme Ankerschmidts nach. Das Mädchen steckte das Köpfchen zurück zur Thüre herein. »Gut ists!« sagte scherzend Ankerschmidt. »Wollte nur wissen, ob du schon Ungarisch verstehst?« Und Oerschika’s heiteres Antlitz versüßte dann in einer Secunde die Gemüthsstimmung des ganzen Gesindes. (Bd. II, S. 68-69) Der Wandel der ehemaligen Österreicherin zur Wahl-Ungarin und im nächsten Schritt zur Verlobten des progressiven, technisch statt politisch interessierten ungarischen Adligen schlichtet einen historischen Konflikt im wunschlosen Pri- vatglück und bleibt erst einmal dem »humoristischen Roman« – geschrieben fünf Jahre vor dem Ausgleich von 1867 – vorbehalten. Die zweite, wenngleich nationalhistorisch weniger symbolträchtige Migrations- geschichte ›ohne Konsequenzen‹ nimmt im Roman Das namenlose Schloß (1879; Névtelen vár, 1877) im gedämpften Glück zweier Franzosen – eines königstreuen Adligen und einer revolutionären Kurtisane der napoleonischen Zeit – Gestalt an. Die unter Erpressung als Spionin nach Ungarn geschickte Gräfin Themire Dealba gibt sich daselbst als Katharina de Landknechtsschild aus Wien aus und magyari- siert sich als Landbesitzerin in einem solchen Ausmaß, dass sie über die einhei- mischen Ungarn und die französischen Protagonisten hinaus selbst die Aufmerk- samkeit vorinformierter Romanleser und -leserinnen zu täuschen weiß. Und das zu Recht: Denn Katharina erlebt selbst einen Sinnes- und Mentalitätswandel, der sie nicht nur zur politischen Gegnerin ihrer Auftraggeber (und zur romantischen Geliebten des Protagonisten) macht, sondern sie verfügt auch über das kulturelle Wissen der Eingeborenen (bar aller weiteren sozialen Differenz): Da entsann sich Katharina, gehört zu haben, daß die Hirten der Hansag, wenn sie durstig werden, ein abgeschnittenes Rohr tief in den sumpfigen Boden stecken […]. Rasch füllte sich ihr Mund auf den ersten Zug mit einer Flüssigkeit, die nach allerlei Sumpfpflanzen schmeck- te, aber schon im nächsten Augenblick hatte sie die Freude, krystallreines Wasser […] zu sehen. […]
back to the  book Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns"
Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
Kunst und Kultur
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Transdifferenz und Transkulturalität