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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Ingrid Puchalová 204 dass diese Texte aus einer zurückliegenden Epoche allein durch ihren zeitlichen und räumlichen Abstand zur Gegenwart in inhaltlicher, formaler und sprachlicher Hinsicht einigermaßen fremd geworden sind. Im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn waren die meisten Angehörigen der Mit- telschicht, speziell wenn sie einen intellektuellen Beruf ausübten und einem der nichtmagyarischen Völker angehörten, multilingual. Die durch gesellschaftliche Umstände bedingte Mehrsprachigkeit und Multikulturalität waren den deutschen, jüdischen und slovakischen Bevölkerungsgruppen eigen. Sie bezeichneten sich als Preßburger, Zipser oder Hauerländer. Der österreichische Kulturhistoriker Moritz Csáky stellt fest: »Eindeutige ethnische und sprachliche Identifikationen waren bis in die Zeit nach 1900 in der Realität des Alltags kaum von Bedeutung, der primä- re Identifikator war einfach die Zugehörigkeit zum Ort, zur Stadt.«46 Dies könnte einer der Gründe dafür sein, warum sich die deutschschreibenden Autorinnen mit dem Thema der kulturellen Identität in ihrer schriftstellerischen Produktion kaum auseinandersetzten. Zwar vermitteln z.B. Katschers Texte auch einen Einblick in das gesellschaft- liche Leben des multiethnischen Staates um die Jahrhundertwende, aber von einer Auseinandersetzung mit dem Thema der trans- beziehungsweise multikulturellen Identität lässt sich nur schwerlich sprechen. Katscher spielt in ihren Texten auf na- tionale Stereotypen an. Ironischerweise verleihen diese Anspielungen ihren Texten nur bedingt eine gewisse Tiefe. So spricht die Ich-Erzählerin in der Erzählung Her- zensschläge von ihrer Bediensteten Katiza als von einer »bildhübschen, anstelligen Dirne« ungarischer Herkunft, die »wie die meisten Ungarinnen früh entwickelt war«47 und in der oben genannten Humoreske Er bleibt ein Hagestolz charakterisiert die Autorin die polnische Sängerin wie folgt: »Ihr längliches hübsch geformtes Ge- sicht erfreute sich jenes zarten Teints, der die Polinnen auszuzeichnen pflegt.«48 Katscher baut an diesen stereotypen Konstruktionen allerdings nicht weiter. Sie il- lustriert sie nicht, reflektiert sie nicht, kommentiert sie nicht, hinterfragt sie nicht. Ihre zahlreichen Texte erweisen sich auch nicht als subtiles Spiel mit bekannten Stereotypen, durch das die vermeintlich bekannten Eigenschaften in Frage gestellt oder dekonstruiert werden könnten. Die nationale oder ethnische Zugehörigkeit scheint auch für Elsa Grailich kaum ein Thema zu sein, ihre Zugehörigkeit zu Preßburg ist aber kaum zu übersehen. Immer mehr schwindet das Bild unseres alten Preßburgs dahin. Zum Teil ist es die Baufällig- keit der alten Gebäude, zum Teil auch die unaufhaltsame moderne Entwicklung der Stadt, die diese tief einschneidende Veränderung unseres Straßenbildes mit sich bringen und unsere vor zwanzig-dreißig Jahren verstorbenen Altvorderen würden sich kaum mehr in den Straßen zurechtfinden […].49 46 | Csáky, Moritz: Das Gedächtnis der Städte. Kulturelle Verflechtungen – Wien und die urbanen Milieus in Zentraleuropa. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2010, S. 305. 47 | Katscher, Berta: Herzensschläge. In: dies. u.a.: Aus jungen Ehen. Humoristische Erzäh- lungen. Wien: Oesterreichisch-Ungarisches Verlagshaus [1890], S. 3-16, hier S. 5. 48 | Ungar: Er bleibt ein Hagestolz, S. 35. 49 | Grailich, Elsa: Preßburger Interieurs. Bratislava-Preßburg: Steiner 1929, S. 5.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
Kunst und Kultur
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