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Agatha
Schwartz232
zum überwiegenden Teil männlichen Geschlechts,24 wie Ludwig August Frankl,25
Josef Lewinsky26 oder Michael Georg Conrad. Zu Letzterem pflegte Déry in Mün-
chen außer einer professionellen auch eine enge persönliche Beziehung (wie das
mehreren Briefen zu entnehmen ist), die Conrad schließlich auflöste, was einer
der Gründe gewesen sein mag, warum sie München verließ und die letzten Jahre
ihres Lebens in Berlin verbrachte.27 Zwei von Dérys Theaterstücken wurden jeweils
zweimal auf die Bühne gebracht. 1891 wurde ihre Komödie Verlobung bei Pignerols
am Hoftheater in Coburg mit großem Erfolg und noch einmal 1893 am Residenz-
theater in Berlin aufgeführt.28 Glücklich schrieb Déry an Franzos, dass ihr nach der
Aufführung in Coburg jemand aus dem Publikum gesagt haben soll: »Ihr Werk
könnte vom ersten Lustspieldichter der Welt sein!«29 Eine weitere Komödie, Die
sieben mageren Kühe, wurde zweimal im Theater am Gärtnerplatz als Magere Jah-
re und ein weiteres Mal im Berliner Residenztheater gespielt.30 Die Berliner Freie
Bühne soll lange zwischen Dérys heute bekanntestem, vom Naturalismus beein-
flusstem Drama D’Schand und Zolas Thérèse Raquin geschwankt und sich schließ-
lich dann doch für Letzteres entschieden haben.31
Déry schien unzufrieden mit dem Erreichten; sie hätte sich und ihren Stücken,
allem Anschein nach, eine größere Präsenz auf der Bühne gewünscht. Wie wir
wohl wissen, war dies den Dramatikerinnen ihrer Generation noch größtenteils vor-
24 | Bis jetzt fand ich nur zwei an Frauen geschriebene Briefe Dérys: Einen davon richtete
sie an Franzos’ Frau, Ottilie Franzos (Brief aus München vom 17. Januar 1896), einen weite-
ren an ein ungenanntes »Fräulein«, eine Schriftstellerkollegin (Brief aus München vom 25.
Dezember 1894).
25 | Ludwig August Frankl (1810–1894) war ein österreichischer Arzt, Dichter und Philan-
throp böhmisch-jüdischer Herkunft. Er wurde mit dem Ehrentitel Ritter von Hochwart ausge-
zeichnet. Drei Briefe Dérys an Frankl befinden sich in der Wienbibliothek im Rathaus.
26 | Joseph Lewinsky (1835–1907) war Schauspieler am Wiener Hoftheater. In ihrem Brief
aus München vom 31. Mai 1896 erwähnt Déry ein Stück, das sie ihm mit einer Rollenemp-
fehlung geschickt haben soll. Im Brief aus München vom 25. Dezember 1894 an ein unge-
nanntes »Fräulein« schreibt Déry, dass Lewinsky eine szenische Lesung ihrer Novelle Der an-
gekündigte Tod (aus der 1895 herausgegebenen Sammlung Katastrophen) vorführen wolle.
Leider wissen wir nicht, ob diese Pläne verwirklicht wurden.
27 | Einige von Dérys Briefen an Conrad zwischen 1895 und 1898 sind in der Stadtbib-
liothek in München (Monacensia Literaturarchiv) aufbewahrt. Diesen Briefen ist zu entneh-
men, dass diese leidenschaftliche Beziehung mit dem verheirateten Conrad mit einem für
Déry sehr schmerzvollen Bruch für Déry endete. Im Brief aus Berlin vom 18. November 1895
schreibt Déry an »Mugy«: »Sieh mich wieder an mit den Augen der Liebe. Du weißt, das wird
deinem Herzen wohl thun.« Und ein Jahr später, am 3. Dezember 1898, schreibt sie offen
über ihren Schmerz: »Nur träumt mir jede Nacht von dir und ich wache mit wundem Herzen
auf.« Conrad seinerseits widmete seinen 1895 erschienenen Roman In purpurner Finsterniß
Déry mit folgenden Worten: »Meinem genialen Kameraden Juliane Déry.«
28 | Manche Quellen geben den Titel des Stückes falsch als Es fiel ein Reif an. Déry selber
bestätigt, dass es sich um Verlobung bei Pignerols handelt. Vgl. Merian: Juliane Déry.
29 | Déry, Juliane: Brief vom 12.10.1892.
30 | Vgl. Schmid, Heike: Gefallene Engel: Deutschsprachige Dramatikerinnen im ausgehen-
den 19. Jahrhundert. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag 2000, S. 127f.
31 | Vgl. ebd., S. 125.
Transdifferenz und Transkulturalität
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Title
- Transdifferenz und Transkulturalität
- Subtitle
- Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Authors
- Alexandra Millner
- Katalin Teller
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3248-8
- Size
- 15.4 x 23.9 cm
- Pages
- 454
- Keywords
- transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
- Category
- Kunst und Kultur