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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Alterität, Gender, Transdifferenz und Hybridität in Juliane Dérys Leben und Werk 235 Anderen mit den »sphynxhaften Augen«52 widerspiegelt sich in weiteren Zuschrei- bungen, die auf Dérys Kindhaftigkeit und ihre Suche nach einer führenden Hand hinweisen, wie dies etwa in Janitscheks Stückwerk geschieht – ein Topos, der cha- rakteristisch für den kolonialisierenden Gestus betrachtet wird: Auch dies ist ein (kolonialistischer) Topos in der Fremdwahrnehmung, die das Andere immer zu einem primitiven Anderen macht, das zwar durch seine Unüberformtheit zu bezaubern ver- mag, aber als kulturunfähig zum Untergang verurteilt ist, wenn es nicht von einem strengen »Herrn« an die Hand genommen wird.53 So überrascht es nicht, dass Dérys Selbstmord vorwiegend mit einer gescheiterten Verlobung erklärt wurde. Die Zeichen, die dieser der Führung und Zähmung beziehungsweise Zivili- sierung bedürftigen orientalisierten Anderen immer wieder angeheftet wurden, blieben »kleben«. Sara Ahmed erklärt, wie negative Zuschreibungen sich durch sprachliche Zeichen durch Wiederholung festsetzen und »klebrig« (»sticky«) wer- den und dadurch die Wahrnehmung der Anderen (bei Ahmed sind das die Migran- ten und Migrantinnen) in den Augen ihrer Umgebung – und schließlich auch in ihren eigenen – beeinflussen. Durch die Fremdzuschreibung und Aneignung der »klebrigen« Zeichen bleiben die Anderen aus der dominanten kulturellen Gemein- schaft ausgeschlossen und an den Rand gedrängt.54 Mit ihrer Transdifferenz und ihrem normenbrechenden Schreiben wirkte Déry destabilisierend auf die homogenen identitätsstiftenden kulturellen Praxen. Indem sie als Ungarin exotisiert und erotisiert wurde, wurde ihre gleichzeitige Präsenz in mehreren Kulturräumen im Sinne Umut Erels politisch neutralisiert und quasi auf das Niveau eines Konsum-Objekts reduziert.55 Ständiger Alterisierung ausgesetzt, versuchte Déry sich zwischen diesen angehefteten »klebrigen« Zuschreibungen zu behaupten, wobei sie ihre Transdifferenz keineswegs verneinte. Nach Lösch bringt Transdifferenz »die ursprünglich eingeschriebene Differenz ins Oszillieren […], ohne sie jedoch aufzulösen. Der Begriff der Transdifferenz stellt die Gültigkeit binärer Differenzkonstrukte in Frage, bedeutet jedoch nicht die Aufhebung von Differenz«.56 Obwohl Déry – als Konsequenz der »klebrigen« Fremdzuschreibun- gen – Zweifel hinsichtlich ihrer kulturellen Zugehörigkeit plagten, war sie sich ihrer ungarischen Identität und ihrer Muttersprache durchaus bewusst: »Ich bin Ungarin, aus Baja, einer Stadt in der großen ungarischen Ebene. Dort verbrach- 52 | Meyer-Förster: Juliane Déry, S. 265. 53 | Reber, Ursula: Pista und Puszta: Eine kleine Imagologie der kakanischen Nationalitä- ten bei Doderer. In: Müller-Funk, Wolfgang/Plener, Peter/Ruthner, Clemens (Hg.): Kakanien Revisited. Das Eigene und das Fremde (in) der österreichisch-ungarischen Monarchie. Tübin- gen: Francke 2001, S. 172-185, hier S. 179. 54 | Vgl. Ahmed, Sara: The Cultural Politics of Emotion. New York: Routledge 2004, S. 88. 55 | Vgl. Erel, Umut: Grenzüberschreitungen und kulturelle Mischformen als antirassisti- scher Widerstand? In: Gelbin, Cathy S./Konuk, Kader/Piesche, Peggy (Hg.): AufBrüche. Kul- turelle Produktionen von Migrantinnen, Schwarzen und jüdischen Frauen in Deutschland. Königstein i.T.: Ulrike Helmer 1999, S. 172-194, hier S. 189. 56 | Lösch: Begriff und Phänomen der Transdifferenz, S. 23.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
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