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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Eva Krivanec258 Ihren ersten Auftritt hatte sie im Chor der Operette Der Vogelhändler von Carl Zel- ler. Danach spielte sie kleine Rollen in Stücken von Bjørnstjerne Bjørnson, Hein- rich von Kleist, Heinrich Laube, Ludwig Fulda oder Èdouard Pailleron.83 Die nächste Station hieß Breslau/Wrocław. Schon nach einem Jahr erhielt Tilla Durieux ein Engagement am dortigen Stadttheater, nach kurzer Probezeit sogar mit fünfjährigem Vertrag. Auch wenn Breslau für Tilla Durieux und ihre Mutter eine deutliche Verbesserung gegenüber Olmütz bedeutete, so zog es die junge Schau- spielerin doch weiter in ›echte‹ Großstädte, und sie war überrascht und glücklich, als sie nach einem knappen Jahr in Breslau ein Telegramm aus Berlin erhielt, mit einer Einladung von Max Reinhardt, der damals selbst erst ganz am Anfang seines Erfolges stand. Sie fuhr heimlich nach Berlin und war überwältigt: »Berlin und die Persönlichkeit Max Reinhardts hatten mich taub und blind gemacht. In meiner Aufregung versäumte ich den Zug, und meine Geldbörse erlaubte mir nur, auf einer Bank im Tiergarten zu übernachten.«84 Nach dieser Nacht unter freiem Him- mel, frierend, aber ohne es wirklich zu spüren, empfand sie mit aller Wucht den Unterschied zwischen ihrer Heimatstadt Wien und Berlin, und sie fragte sich noch bange: »Würde ich es besiegen können, dieses harte, blankgeputzte Ungeheuer?«85 Tatsächlich erhielt sie von Reinhardt auf Anhieb einen Fünf-Jahres-Vertrag, den unkündbaren Breslauer Vertrag konnte sie fristlos lösen, da sie diesen als damals Unter-21-Jährige noch gar nicht alleine hätte unterschreiben dürfen. Als sie sich im Sommer vor ihrem Engagement in Berlin vor ihrer zunehmend jähzornigen Mutter für ein paar Wochen zu den mit ihr befreundeten Eugen Spiro und Klara Sachs nach Paris flüchtete, war sie geblendet: »Ich schloß es gierig in meine Arme: die Straßen, Plätze, Gebäude, Café- und Modehäuser.«86 Sie ging in Museen, fuhr ans Meer, stand Modell, genoss ihre Freiheit. Im Herbst begann ihre ersehnte Zusammenarbeit mit Max Reinhardt, der in dieser Saison zusätzlich zum Kleinen Theater auch das Neue Theater (am Schiffbauerdamm) übernommen hat- te und sein Ensemble deutlich erweiterte. Tilla Durieux’ erste Hauptrolle bei Max Reinhardt war die Salome in Oscar Wildes gleichnamigem Stück am Kleinen Theater – als Ersatz der bisherigen Hauptdarstellerin Gertrud Eysoldt, die krank geworden war. Es wurde auf Anhieb eine ihrer ikonischen Rollen: wild, selbstbestimmt, einer Skulptur gleichend, über- raschend freizügig gekleidet.87 Auch heute zirkulieren noch viele Porträtpostkar- ten mit der Salome der Durieux. Mit ihrem intensiven, ekstatischen und zugleich wandlungsfähigen Spiel gewann sie rasch Interesse und Sympathien im Publikum wie auch bei der Berliner Kritik, doch sie geriet auch in scharfe Konkurrenz zu Gertrud Eysoldt, die bis dato die unbestrittene Hauptdarstellerin – noch dazu in einem ganz ähnlichen Rollenspektrum wie Tilla Durieux – in Reinhardts Ensem- 83 | Vgl. die Ankündigungen Stadttheater Olmütz im Mährischen Tagblatt v. 18.12.1901, S. 8, 14.1.1902, S. 7, 25.1.1902, S. 9, 7.2.1902, S. 7, 8.3.1902, S. 8. 84 | Durieux, Tilla: Eine Tür steht offen. Erinnerungen. Berlin (West): Herbig 1954, S. 30. 85 | Ebd. 86 | Ebd., S. 39. 87 | Vgl. die Fotografie des Berliner Ateliers Becker & Maaß »Rollenbild Tilla Durieux als Salome in einer Berliner Aufführung 1904«: www.akg-images.de/archive/Wilde,-Sa lome-/- Tilla-Durieux-2UMDHUQZ6R9A.html (zuletzt eingesehen am 12.11.2015).
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Title
Transdifferenz und Transkulturalität
Subtitle
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Authors
Alexandra Millner
Katalin Teller
Publisher
transcript Verlag
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Size
15.4 x 23.9 cm
Pages
454
Keywords
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Category
Kunst und Kultur
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