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© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
klärensichihrAgierenunddiedarangeknüpftenEmotionennichtständigselbst
oder gegenüber einer Beobachterin.Will man aus der Perspektive der Litera-
turwissenschaft dasVergnügen anden (Inter-)Aktionen analysieren,muss auf
ein Deutungsregister von Kommunikations- und Verhaltensweisen zurückge-
griffenwerden, das den theoretischenAnsätzen benachbarter Disziplinen, So-
ziolinguistikundPsychologie, folgt.1DieserBeitrag stützt sich indiesemPunkt
auf eine Pionierarbeit von Alwin Fill,2wobei in erster Linie Spannung sowie
KomikundUnterhaltungerzeugendeMittelundEffekteindenBlickgenommen
werden. In Hinblick auf die berichteten Lektüreerfahrungen und Textkom-
mentare, die indenGruppenzur Sprachekommen, verhält es sich etwas einfa-
cher.MitdemVorbehalt,dass ineinerGruppenurdasverbalisiertwird,wasvon
deneinzelnenGruppenmitgliedern erinnert und inWorte gefasstwerdenkann
undwas innerhalbderGruppeselbst zurDiskussiongebrachtwerdendarfoder
soll, lassensichdiesolcherartsichtbaroderöffentlichgewordenenMechanismen
undDynamikenderThemenfindungund-bearbeitungsowiedieBandbreitevon
ArgumentationslinienundBewertungenauchmitHilfe literaturwissenschaftli-
cherBlickwinkelundMethodenanalysieren.Darüberhinausundalsumfassende
Klammer greift dieVerfasserin auf eigene vergnügenstheoretischeVorarbeiten
zurück.
1 ZurBegriffsbestimmungvonVergnügen
1.1 Begriff undSpannungsfeld
Aktuell und insbesondere im deutschen Sprachraum scheint der Begriff des
Vergnügens in einem Spannungsfeld zuVerpflichtung/Moral,Mühsal/Depres-
sionundWissen/Niveauzustehen.DieswirdimMaterialdesFWF-Projektsauch
auf expliziteWeise deutlich. So setzt die Teilnahme an einer Lesegruppendis-
kussion eineVorleistungvoraus.Man sollte das zubesprechendeBuchgelesen
haben. Gruppenteilnehmer, die die Aufgabe nicht erfüllt haben, fühlen sich
verpflichtet, diesenUmstand geständnisgleich offen zu legen: „Ich bin so ehr-
lich“, wird ein solcher Diskussionsbeitrag, der zudem die eigene Redlichkeit
herausstellt, eingeleitet (G1/D4/Bw3, Z. 161) undmit einer aufschlussreichen
Aussageabgeschlossen:„Undjetztwerde ichnurgenießen“ (Z. 189).Genuss, in
dieser Arbeit als eine Teilkategorie von Vergnügen verstanden, kann dieser
Auffassung nach nur dann zur Gänze ausgeschöpft werden, wennman nichts
leistenmuss oder zu nichts verpflichtet ist. Auch für die Kategorisierung der
1 Vgl.Kiernin2011,mitFokusauf ZusammenhängevonPolitik,VergnügenundGender.
2 Vgl. Fill2007.
GerdaE.Moser88
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Title
- Über Bücher reden
- Subtitle
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Author
- Doris Moser
- Editor
- Claudia Dürr
- Publisher
- V&R unipress
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 262
- Category
- Lehrbücher