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1.1. UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND – FRAGESTELLUNG – VORGEHENSWEISE 23
Den Hauptteil der Arbeit bildet eine Analyse der Personalpolitik Leo
Thuns an der Universität Innsbruck (Kap. 5). Thun selbst hatte im Jahr
185335 die wichtige Rolle der Personalpolitik für seine Reformen hervorgeho-
ben. Auch in der Forschung zur Thun’schen Reform wird stets betont, dass
Thun große Energie darauf verwendete, möglichst konservative, zugleich
aber wissenschaftlich hervorragende Professoren für die österreichischen
Universitäten zu gewinnen.36 Durch die Berufung von konservativen, katho-
lischen Professoren, so die heute weitgehend anerkannte These von Hans
Lentze37, wollte Thun der Lehrfreiheit, einer zentralen Errungenschaft der
Revolution von 1848, die Spitze nehmen. In diesem Sinn beschnitt der Minis-
ter allerdings eine andere Errungenschaft der Revolution, nämlich das Recht
der Universitäten bzw. Fakultäten, selbst die Professoren zu wählen.
Am Beispiel der Innsbrucker Universität wird die Berufungspolitik Thuns
daher eingehend analysiert. Dabei wird untersucht, wie stark Leo Thun tat-
sächlich in die Berufungspolitik an den Universitäten eingegriffen hat und
inwieweit sich die bisherigen Urteile der Forschung, welche sich überwie-
gend aus den Untersuchungen einiger prominenter Beispiele ableiteten, für
eine gesamte Universität bestätigen lassen bzw. revidiert oder modifiziert
werden müssen. Im Hinblick auf Thuns Personalpolitik ist stets auch auf
das Netzwerk hingewiesen worden, das Thun für seine Berufung nutzte.
Lentze hatte dies bereits auf Grundlage der Korrespondenz Thuns in Teilen
erörtert.38 In der vorliegenden Arbeit wird dieser Ansatz ausgebaut, indem
insbesondere die Quellenbasis erweitert und zahlreiche neue Quellen ausge-
wertet wurden.
Die Fokussierung auf die Universität Innsbruck bietet gleichzeitig die
Möglichkeit zu untersuchen, inwieweit anhand der Berufungspolitik des
Ministers auch Rückschlüsse auf den Stellenwert und die Position der Inns-
brucker Universität im System der österreichischen Universitäten gezogen
werden können, frei nach dem Urteil des Schriftstellers Karl Emil Franzos,
der – freilich zu einer späteren Zeit – schrieb, dass viele junge Gelehrte zu-
35 Die Neugestaltung der österreichischen Universitäten über Allerhöchsten Befehl darge-
stellt von dem k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht, Wien 1853.
36 Vgl. besonders bei Hans Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo Thun-Ho-
henstein, in: Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Sitzungsberichte, Wien
1962, S. 1–372, hier S. 114; zuletzt Elmar scHüBL/Johannes uray, Auf der Suche nach ge-
eigneten Kräften: Aktivitäten, Strategien und Kriterien in Berufungsverfahren, in: Chris-
tian Hesse/Rainer Christoph Schwinges/Melanie Kellermüller (Hgg.), Professorinnen und
Professoren gewinnen. Zur Geschichte des Berufungswesens an den Universitäten Mittel-
europas, Basel 2012, S. 415–440, hier S. 419–423.
37 Vgl. Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo Thun-Hohenstein, S. 88–90.
38 Vgl. Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo Thun-Hohenstein, 117–123.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen