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1.1. UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND – FRAGESTELLUNG – VORGEHENSWEISE 25
findet,45 es hätte Pläne gegeben, der Universität Innsbruck eine herausra-
gende Position als besonders katholische Universität zu verschaffen. Inns-
bruck sollte so zu einem Zentrum und Anziehungspunkt für katholische Stu-
denten und Professoren aus dem ganzen deutschsprachigen Raum werden.
In der Arbeit wird der Frage nachgegangen, inwieweit dieser Plan wirklich
verfolgt wurde und welche Rolle Thun und seine Berater in dieser Debatte
spielten (Kap. 6.5.). Eine Untersuchung der Diskurse über den Sinn und
die Aufgabe einer solchen Universität bietet außerdem die Möglichkeit zu
fragen, welche Vorstellungen einer katholischen Wissenschaft bzw. umge-
kehrt einer wertfreien Wissenschaft in dieser Zeit existierten. Für diesen
Gesichtspunkt ist auch die Frage nach Leo Thuns politischen und religiösen
Vorstellungen von Interesse, die in der Historiografie durchaus zu unter-
schiedlichen Auffassungen geführt haben. Dabei wurde mehrfach Thuns wi-
dersprüchlich wirkende Politik hervorgehoben. Am Beispiel der Universität
Innsbruck werden die Politik des Ministers und seine Vorstellungen einer
katholisch geprägten Wissenschaft an einem konkreten Beispiel untersucht.
Außerdem wird bereits zu Beginn in einem ausführlichen Kapitel die
Historiografie zu den Reformen und zu Thun selbst nachgezeichnet. Dabei
werden auch verschiedene Deutungsmuster der Thun’schen Reformen he-
rausgearbeitet und damit auch Fragen nach ‚ideologischen Scheuklappen‘
und verschiedenen Traditionslinien der Historiografie erörtert werden (Kap.
1.3.2.). Darüber hinaus bietet die Beschäftigung mit der Historiografie zu
Thun und den Reformen auch Einblicke in die Instrumentalisierung der Re-
formen für universitätspolitische Debatten bis weit in das 20. Jahrhundert.
Die Frage nach einem spezifisch katholischen Universitätsmodell ist auch
deshalb relevant, weil gerade in der jüngeren Universitätsgeschichte die
Forschung zu Universitäten in protestantisch geprägten Gebieten des Reichs
bzw. des Deutschen Bundes dominierend ist und damit auch eine Perspekti-
venerweiterung innerhalb der Universitätsgeschichte erfolgen kann.
Nicht zuletzt muss die Universitätsreform auch im Rahmen des Neoab-
solutismus verortet werden. Die Reformen waren zwar zunächst ein Erfolg
der Revolution von 1848, doch fallen wesentliche Aspekte ihrer Umsetzung
in die Phase nach der Suspendierung der Verfassung vom März 1849. In
den letzten Jahren ist zunehmend die Perspektive diskutiert worden,46 diese
45 Zuerst bei Armand Freiherr v. dumreicHer, Die Verwaltung der Universitäten seit dem
letzten politischen Systemwechsel in Österreich, Wien 1873, S. 40–41; in der Folge etwa bei
Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo Thun-Hohenstein, S. 87.
46 Zuletzt grundsätzlich Harm-Hinrich Brandt (Hg.), Der österreichische Neoabsolutismus
als Verfassungs- und Verwaltungsproblem. Diskussionen über einen strittigen Epochen-
begriff (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 108),
Wien, Köln, Weimar 2014; auch Helmut rumPLer, Der österreichische Neoabsolutismus als
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen