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2 DIE THUN-HOHENSTEIN’SCHEN REFORMEN
2.1. Die Revolution 1848
Als im März 1848 die revolutionäre Stimmung in Europa auch Österreich
erfasste und die Wiener Bevölkerung ihren Unmut über die politische Situ-
ation des Vormärzes offen kundtat, standen die Studenten und Professoren
der Wiener Universität in der ersten Reihe der Protestierenden.1 Die Akade-
miker waren es auch gewesen, die als eine der ersten Gruppen klare Forde-
rungen an den Kaiser gestellt hatten und am 12. März eine Petition an den
Kaiser richteten. Dort baten sie Ferdinand I.2 um die Gewährung von
Preß- und Redefreiheit zur Herstellung eins gegenseitigen Verständnisses
und Vertrauens zwischen Fürst und Volk; Hebung des Volksunterrichtes und
insbesondere Einführung der Lehr- und Lernfreiheit; Gleichstellung der ver-
schiedenen Glaubensgenossen in staatsbürgerlichem Rechte; Oeffentlichkeit
und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens, allgemeine Volksvertretung in und
außer dem deutschen Bundestheile beim Bunde.3
Die Petition wurde dem Kaiser von den Professoren Anton Hye4 und
Stephan Endlicher5 überbracht, ohne dass dieser konkrete Zusagen gab. Der
Ausbruch gewaltsamer Zusammenstöße in den folgenden Tagen zwischen
der kaiserlichen Armee und der Wiener Bevölkerung ließ den Monarchen
aber einlenken. Er versprach die Ausarbeitung einer Verfassung, die Einfüh-
rung der Pressefreiheit und die Aufhebung der Zensur.6 Am 23. März folgte
schließlich der Erlass, mit dem zum ersten Mal in der Geschichte Öster-
1 Vgl. dazu grundsätzlich Thomas maiseL, Alma mater auf den Barrikaden. Die Universität
Wien im Revolutionsjahr 1848, Wien 1998. Zuletzt auch asH, Die Universität Wien in den
politischen Umbrüchen des 19. und 20. Jahrhunderts, S. 33–48.
2 Ferdinand I. (Wien 1793–1875 Prag), 1835–1848 Kaiser von Österreich, König von Böh-
men, als Ferdinand V. König von Ungarn und Kroatien.
3 Petition der am 12. März in der Aula der Wiener Universität versammelten Studenten, ab-
gedruckt bei engeLBrecHt, Geschichte des österreichischen Bildungswesens, Bd. 4, S. 515.
4 Anton Hye von Gluneck (Gleink 1807–1894 Wien), 1835–1854 Prof. am Theresianum in
Wien, ab 1842 Prof. an der Universität Wien, 1849–1857 Ministerialrat, 1857–1867 Sekti-
onschef im Justizministerium, Juni–Dez. 1867 Justizminister.
5 Stephan Endlicher (Pressburg 1804–1849 Wien), Botaniker und Philologe, ab 1840 Prof.
der Botanik an der Universität Wien und Direktor des Botanischen Gartens, ab 1847 Re-
gierungsrat, Mitwirkender an der Gründung der Akademie der Wissenschaften.
6 Siehe die Kaiserliche Proklamation in der Wiener Zeitung 76 (16.03.1848).
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen