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2.6. LEO THUN-HOHENSTEIN 103
Die Wende von der Verfassungsphase nach der Revolution hin zur neo-
absolutistischen Politik hatten Thun sowie andere Ministerkollegen voll-
zogen. Nachdem der Kaiser im August 1851 diese Neuausrichtung seinen
Ministern angekündigt hatte, erbat sich Thun zunächst Bedenkzeit über
seinen Verbleib im Ministeramt, nicht ohne vorher die „Unausführbarkeit
der Reichsverfassung vom 4. März“156 zu betonen, aber gleichzeitig auch die
zu befürchtenden Probleme des angestrebten neuen Kurses – besonders im
Hinblick auf die Neuordnung des Gemeindewesens – zu kritisieren. Thun
blieb letztlich im Amt. Dieser Schritt wurde ihm nach 1860, als er nach sei-
ner Demission als Minister im böhmischen Landtag einen föderalistischen
Kurs verfolgte, allerdings als Verrat an seinen politischen Ideen angelastet.
Thun rechtfertigte dies damit, im Interesse der Universitätsreformen und
als treuer Diener des Kaisers in dessen Sinn gehandelt zu haben.157 Zudem
sagte er, dass er nur sehr begrenzten Spielraum bei der Organisation der
Unterrichtsverwaltung gehabt hätte.158
2.6.2. Thun nach 1860
Thuns Entlassung im Oktober 1860 war schließlich die Folge der neuerli-
chen Verfassungsrevision und der Reorganisation des Staatswesens, was
Thun allerdings nun nicht mehr bereit war mitzutragen.159 Schon in den
Jahren vor den Verfassungskämpfen zeigen die Quellen aus der Korrespon-
denz Thuns sowie die Protokolle des Ministerrates Thuns Unzufriedenheit
mit den Entwicklungen der staatlichen Organisation. Gemeinsam mit Karl
Wolkenstein160 und Heinrich Clam hatte er daher noch 1859, in der Krise
nach der Niederlage von Solferino, dem Kaiser ein Regierungsprogramm
vorgelegt und darin eine Reform des Staatswesens und der Verwaltung
156 Vgl. das Protokoll des Ministerrates vom 19. August 1851, in: Die Protokolle des österrei-
chischen Ministerrates (1848–1867). II. Abteilung (Das Ministerium Schwarzenberg), Bd.
5, Wien 2013, S. 173–174.
157 tHienen-adLerfLycHt, Graf Leo Thun-Hohenstein als nachjosephinischer Vorkämpfer eines
aufgeklärten Konservativismus, S. 154–155.
158 Vgl. Salomon frankfurter, Leo Thun-Hohenstein, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd.
38, Leipzig 1894, S. 178–212, hier S. 209–210.
159 Vgl. tHienen-adLerfLycHt, Graf Leo Thun-Hohenstein als nachjosephinischer Vorkämpfer
eines aufgeklärten Konservativismus, S. 155–158; Stefan maLfèr, Einleitung, in: Die Pro-
tokolle des österreichischen Ministerrates (1848–1867). IV. Abteilung (Das Ministerium
Rechberg) Bd. 1, Wien 2003, S. IX– LXX, hier LXX.
160 Karl Friedrich Otto Wolkenstein-Trostburg (Passau 1802–1875 Teplitz), bis 1848 Richter,
zuletzt Präsident des Landrechts in Brünn, 1848 Rückzug ins Privatleben, 1860 Mitglied
des verstärkten Reichsrats.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen