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3 DIE REFORMEN AN DER UNIVERSITÄT
INNSBRUCK114
Auch der Chronist Unterkircher, der dabei der Pusch’schen Chronik folgt,
verzeichnete unter dem 17. März 1848 lediglich: „Auf das Gerücht, dass die
Studenten den Jesuiten die Fenster einwerfen wollen, werden die Wachtpos-
ten verdoppelt und die Patrouillen verschärft.“21
In der Geschichtsschreibung wurde diese Episode allerdings – teils ohne
Bedachtnahme all dieser Quellen – stets angeführt, wohl auch deshalb, weil
sich sonst wenig ‚Revolutionäres‘ aus Innsbruck berichten ließ.22 Ob nun
wahr oder nicht, die Episode zeigt, dass die Jesuiten und deren Schulsystem
als Sinnbild der Rückständigkeit und der Einseitigkeit eines überkommenen
Bildungssystems und der Unterdrückung des Volkes als Angriffsfläche dien-
ten. Dass dies auch von Zeitgenossen so wahrgenommen worden ist, zeigt ein
Kommentar in der Wiener Abendzeitung vom 29. April 1848:
Die Austreibung der Jesuiten aus Innsbruck ging von den Studenten der Uni-
versität aus, die die Schmach ihres Vaterlandes nicht länger dulden wollten,
denn wenn es eine Schmach des Vaterlandes gibt in der Unterdrückung durch
einen äußeren Feind, so gibt es auch eine Schande im Innern, sobald man
eine Gesellschaft im Lande duldet, die sich die Verleumdung des Volkes und
Erbschleicherei unter dem Mantel geistlichen Zuspruchs zur Aufgabe stellt.23
Wie bereits erwähnt, beteiligten sich auch einige Professoren, besonders jene
aus der philosophischen Fakultät, an den Demonstrationen der Studenten
und engagierten sich politisch. Neben dem genannten Alois Flir, gab es mit
Anton Baumgarten24, Albert Jäger25 und Johann Schuler26 (damals noch
nicht Professor) noch weitere Anhänger der konstitutionellen Partei in den
Reihen der Professoren.27 Jäger und Flir gehörten zu den Gründungsmit-
gliedern des konstitutionellen Vereins in Innsbruck28. Flir, Schuler und ein
21 unterkircHer, Chronik von Innsbruck, S. 362.
22 Zuletzt auch Heiss et al., Am Rand der Revolution, S. 17.
23 Die Jesuiten in Innsbruck, in: Wiener Abendblatt, 30 (29.04.1848), S. 124.
24 Anton Baumgarten (Wien 1817–1880), ab 1840 Prof. für Physik an der Universität Inns-
bruck, ab 1852 Prof. der Mathematik ebendort.
25 Albert Jäger OSB (Schwaz 1801–1891 Innsbruck), ab 1829 Lehrer am Benediktinergymna-
sium in Meran, ab 1846 Prof. der Universal- und österr. Staatengeschichte an der Univer-
sität Innsbruck, ab 1849 Direktor am Benediktinergymnasium in Meran, ab 1851 Prof. für
österr. Geschichte an der Universität Wien, 1854–1869 Direktor des Instituts für Österrei-
chische Geschichtsforschung.
26 Johann Schuler (Matrei in Tirol 1800–1859 Innsbruck), 1828–1848 Redakteur des Bo-
then für Tirol und Vorarlberg, 1831–1852 ständ. Archivar in Innsbruck, ab 1849 Prof. für
Rechtsphilosophie an der Universität Innsbruck.
27 Heiss et al., Am Rand der Revolution, S. 65–66.
28 Vgl. auch fLir, Briefe aus Innsbruck, Frankfurt und Wien.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen