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3 DIE REFORMEN AN DER UNIVERSITÄT
INNSBRUCK116
anders als in Wien begann in Innsbruck im Herbst, wenn auch verspätet,
ein neues Semester.
Auf dem Feldzug hatten sich auch einige studentische Verbindungen kon-
stituiert, die auch nach der Rückkehr aus dem Felde weiterbestanden und
von der Tiroler Obrigkeit streng beobachtet wurden.36 Obwohl der Ausschuss
der Studierenden dem Rektor noch im Juli des folgenden Jahres versicherte,
dass „der Zweck der Verbindungen, ferne von jeder politischen Tendenz,
kein anderer als gesellige Unterhaltung sei“37, überwachten die politischen
Behörden das Treiben der Studierenden weiterhin. Im April 1849 hatte der
Statthalter sogar gedroht, politisch auffällige Studenten relegieren zu las-
sen, und dieser Einschüchterung die Warnung des Ministeriums des Inne-
ren angefügt, dass bei politischen Umtrieben „die Sperrung der Universität
selbst und die Quieszierung der Professoren die Folge“38 wären.
Bis in den Sommer des Jahres 1849 hinein folgten jedoch immer wieder
Nachrichten über Umtriebigkeiten der Studenten, vor allem die Zurschau-
stellung deutschnationaler Gesinnung wurde kritisch beobachtet.39 Die Pro-
fessoren nahmen die Studenten dabei weitgehend in Schutz und sahen in
den Äußerungen und Kundgebungen der Studenten weniger den Ausdruck
„wirklicher staatsgefährlicher Ansichten oder Grundsätze, als vielmehr ein
gedankenloses leichtsinniges Spiel mit politischen Schlagworten“40. Der Se-
nat ermahnte die Studenten allerdings gleichzeitig Maß zu halten und selbst
Ordnung innerhalb der eigenen Reihen zu schaffen.
Die dauernden Klagen von Seiten der Statthalterei ließen es dem Senat
dann wohl doch klüger erscheinen, die Frage der Disziplinierung der Stu-
denten beim Unterrichtsministerium zu klären. Bei der Senatssitzung vom
24. Juli 1849 beschlossen die versammelten Professoren, das Ministerium zu
bitten, eine provisorische Disziplinarordnung erlassen zu dürfen. Die Profes-
soren verfassten dazu ein Memorandum, in dem sie auch auf die Regelung
der politischen Aktivitäten der Studenten zu sprechen kamen und mehr
36 Vgl. dazu bei BöscHe, Zwischen Kaiser Franz Joseph I. und Schönerer, S. 47; Gehler, Ent-
stehungs-, Organisations- und Wirkungsgeschichte österreichischer Studentenvereine un-
ter besonderer Berücksichtigung des Vormärz (1815–1848), S. 43–44. Zur Gründung von
dauerhaften Verbindungen kam es erst ab 1859. Siehe grundlegend dazu bei BöscHe, Zwi-
schen Kaiser Franz Joseph I. und Schönerer.
37 Zitiert bei oBerkofLer et al., Geschichte der Universität Innsbruck (1669–1945), S. 156.
38 Zitiert bei ebenda, S. 156.
39 Vgl. ebenda, S. 155–156.
40 Böhm an die Studierenden, Innsbruck 23.06.1849, Senatssitzungsprotokolle 3, ad 278 ex
1848/49, Universitätsarchiv Innsbruck. Grund für die Ermahnung war das Tragen eines
Trauerflors einiger Studenten anlässlich der Suspendierung der Verfassung und Auflösung
des Reichstages im März 1849 gewesen.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen