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3 DIE REFORMEN AN DER UNIVERSITÄT
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hatte, konnten Einzelne von dieser Verbesserung nicht profitieren bzw. be-
deutete für diese die Reform eine Verschlechterung der eigenen Position. Das
Einzelschicksal von Josef Nowotny, der sich gegen diese persönliche Degra-
dierung zu wehren versuchte, kann damit exemplarisch für eine Generation
von (älteren) Professoren und Lehrern gesehen werden, die als ‚Relikte‘ des
vormärzlichen Unterrichtssystems die Reform nicht dauerhaft überstanden
haben.
3.5. Resümee
Die Innsbrucker Studenten spielten anders als ihre Wiener Kommilitonen
nur eine untergeordnete Rolle in der Revolution von 1848, allerdings begrüß-
ten auch sie freudig die neuen Freiheiten. Die ruhige Haltung der Innsbru-
cker Studenten kann einerseits als Ausdruck der habsburgertreuen Gesin-
nung Tirols angesehen werden, andererseits ist das kaisertreue Verhalten
der Studenten in den Folgejahren regelmäßig als politisches Pfand in den
Verhandlungen für die Aufwertung der Innsbrucker Universität instrumen-
talisiert worden. Eine solche Aufwertung bzw. Vervollständigung der Hoch-
schule war dann auch ein zentrales Projekt, das noch im Revolutionsjahr
angestoßen worden ist, das allerdings vor allem auf Grund von fehlenden
Infrastrukturen und mangelnden finanziellen Mitteln nicht zustande kam.
So blieb die Universität vorerst auf die juridische und philosophische Fa-
kultät beschränkt. Letztere war allerdings – als zentrale Neuerung – zu
einer eigenständigen Fakultät ausgebaut worden. Gerade die Probleme bei
der Umsetzung der Reform der philosophischen Fakultät bieten allerdings
interessante Einblicke in die unterschiedlichen Bildungskonzepte und Vor-
stellungen davon, welche Rolle diese Fakultät und die Universität im Allge-
meinen in Zukunft spielen sollten. Gerade die Debatten um die Reform der
philosophischen Fakultät zeigen deutlich, dass auch die Innsbrucker Profes-
soren die damaligen Diskurse rezipierten, die etwa in den liberalen deutsch-
sprachigen Lexika der Zeit hinsichtlich des Ideals einer Universität vorhan-
den waren. So begrüßte man auch in Innsbruck grundsätzlich die Reform
der Fakultät, man war jedoch besorgt darüber, dass mit der Aufwertung der
Fakultät deren allgemeinbildender Charakter verloren ginge. Dies war ein
neuralgischer Punkt, bei dem sich die Vertreter der bisherigen (österreichi-
schen) Bildungstradition von den Anhängern der ‚deutschen Universitäten‘
schieden. Während die einen die allgemeinbildende Funktion derselben in
den Vordergrund stellten, bedeutete dies für Letztere eine Herabwürdigung
der Universität, da durch das Vorhandensein der Vorbereitungskurse Schule
und Universität gleichsam vermischt und die Entwicklung von Fachwissen-
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen