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4.1. MODERNISIERUNG UND PROBLEME 155
editionen und Monografien. Anton Kerner von Marilaun hatte bereits bei
seinem Stellenantritt im Jahr 1860 mit 29 Jahren mehr Veröffentlichungen
vorzuweisen als sein Vorgänger auf der Kanzel für Naturgeschichte Joseph
Köhler. Onorato Occioni, Professor für italienische Sprache und Literatur,
veröffentlichte mehrere umfangreiche wissenschaftliche Werke20, während
sein Vorgänger Josef Nowotny lediglich zwei kleinere Lehrbücher vorgelegt
hatte. Für Lehrstühle, die erst unter Thun errichtet bzw. als eigenständige
Lehrstühle etabliert wurden (Chemie, deutsche Philologie), lässt sich kein
Vergleich zum Vormärz ziehen, dennoch zeigt sich, dass die – meist jungen
Vertreter – der neuen Disziplinen intensiv publizierten. Freilich gab es auch
Ausnahmen: Heinrich Glax, zweiter Vertreter auf einem geschichtlichen
Lehrstuhl, veröffentlichte nichts während seiner Innsbrucker Zeit. Auch
Tobias Wildauer veröffentlichte wenige wissenschaftliche, dafür aber einige
Werke und Beiträge politischen Inhalts.
Eine zweite dezidierte Aufwertung der Universität in den 1850er-Jahren,
die auch neuerlich mit einem Anstieg der Studentenzahlen verbunden war,
erfolgte im Jahr 1857 mit der Eröffnung der theologischen Fakultät. Die
Universität war damit zwar nicht vollständig, da das medizinisch-chirurgi-
sche Studium noch immer nicht in den Rang einer medizinischen Fakultät
erhoben worden war, jedoch die Einrichtung einer medizinischen Fakultät
als zwingende Voraussetzung für eine vollständige Universität galt. Doch
die bis dahin regelmäßig wiederkehrenden Gerüchte über eine mögliche Auf-
lassung der Universität bzw. deren Verlegung nach Salzburg nahmen damit
ein Ende.
Am Ende des Jahrzehnts versuchte die Universität sich auch äußerlich
zu erneuern, indem sie – angeregt durch den Professor für Chemie, Heinrich
Hlasiwetz – beantragte, die Universität an das seit Ende der 1850er-Jahre
im Aufbau befindliche Gasbeleuchtungsnetz der Stadt anzuschließen.21 Wie
schon zuvor argumentierte Hlasiwetz auch diesmal damit, dass dies für die
wissenschaftliche Forschung notwendig sei: Nur mit dem Anschluss an das
Gasnetz könne der Unterricht in der Chemie mit dem neuesten Stand der
technologischen Entwicklungen Schritt halten. Dieses Argument wurde
auch von dem Gasanbieter bereitwillig aufgegriffen: Da der Vorstand des
Innsbrucker Gaswerks, Ludwig Ernst Riedinger22, wie er schreibt, „auch
20 Piras, Occioni, Onorato.
21 Vgl. Kobler an das MCU, Innsbruck 24.10.1859, Statthalterei Studien 20699/1859, Tiroler
Landesarchiv. Zur Geschichte der Gasbeleuchtung in Innsbruck vgl. zusammenfassend bei
Josefine Justic, 125 Jahre Gasversorgung, in: Innsbrucker Stadtnachrichten. Offizielles
Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt, 6 (15.06.1983), S. 16.
22 Ludwig August Riedinger (Schwaigern 1809–1879 Augsburg), Unternehmer.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen