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4 ENTWICKLUNGSTENDENZEN DER UNIVERSITÄT IN DER ÄRA
THUN156
dem geistigen Fortschritt der Wissenschaften ganz ergeben [sei] und be-
sonders da ein k.k. öffentliches Institut eines chem. Laboratoriums auf dem
Stande der Jetztzeit ohne Besitz und Anwendung von Gas nicht gut denkbar
als vollkommen [...] existieren“23 könne, bot er der Universität auch Son-
derkonditionen an, um diese möglichst rasch an das Gasbeleuchtungsnetz
anschließen zu können. Finanzierungsfragen verzögerten die Einrichtung
jedoch. Erst im Jahr 1861 konnten diese gelöst werden und die Universi-
tät wurde an das Gasnetz angeschlossen. Der Reform in der Organisation
der Hochschule, die ein Jahrzehnt zuvor in Angriff genommen worden war,
folgte damit auch eine Modernisierung der Infrastruktur der Universität.
Wie sehr die Gasbeleuchtung sinnbildlich für eine allgemeine Moderni-
sierung stand, und wie sehr die Beleuchtung durch Gas mit einer allgemei-
nen Erleuchtung, im Sinne von „Aufklärung“, assoziiert worden ist, zeigt
sich für den Tiroler Raum am besten am Beispiel des Lichtfestes in Bozen.24
Dieses wurde am 10. November 1861 anlässlich der Einführung der Gas-
beleuchtung gefeiert. Der Tag war nicht zufällig gewählt, war es doch der
Geburtstag von Friedrich Schiller. In der Einladung zu dem Fest zog der
Bürgermeister der Stadt, der bekannte Liberale Joseph Streiter, eine Par-
allele vom „Licht auf den Straßen zum Licht der ‚Freiheit des Denkens und
Forschens‘“25. Auch beim Festumzug wurden symbolisch die Früchte der
neuesten Zeit gefeiert: „die Wissenschaft als Bekämpferin des Naturübels;
die herrliche Frucht der Forschung und des Fleißes“ verabschiedet die Öl-
lampen und den ergrauten Nachtwächter.
In Innsbruck gab es zwar kein solches Fest, aber im Vorfeld der Einfüh-
rung der Gasbeleuchtung bzw. als im Jahr 1857 deren Einführung zu schei-
tern drohte26, hatte die Wiener Zeitung Die Presse unter dem Titel „Kein
Licht!“ die Nichteinführung der Gasbeleuchtung in Innsbruck polemisch
23 Sammelakte zur Einführung der Gasbeleuchtung, Innsbruck, Statthalterei Studien
2688/1860, Tiroler Landesarchiv.
24 Vgl. dazu auch die Hinweise zur Verwendung der Licht-Metapher in der Sprache der Auf-
klärung bzw. die Diskreditierung der Feinde der Aufklärung als Obskuranten bei Winfried
müLLer, Die Exjesuiten. Eine Funktionselite ohne Aufgabe?, in: Rudolf Schieffer (Hg.), Kir-
che und Bildung vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Generalversammlung der Görres-Ge-
sellschaft in Eichstätt, 23. bis 27. September 2000, München 2001, S. 43–51, hier S. 49–51.
25 Zit. bei Hans Karl PeterLini, Nach dem Abendrot die Nacht. Die Verdunkelung Tirols nach
dem Revolutionsjahr 1848: Kulturkampf um Schule, Bildung, Universität und Weltbild, in:
Hans Karl Peterlini (Hg.), Universitas est. Essays zur Bildungsgeschichte in Tirol/Südtirol
vom Mittelalter bis zur Freien Universität Bozen, Bozen 2008, S. 89–111, S. 95–96. Siehe
auch Bothe für Tirol und Vorarlberg, 261 (13.11.1861). Das Bild vom „Licht der Wissen-
schaft“ findet sich im Übrigen auch in einem Huldigungsgedicht der Innsbrucker Studen-
tenschaft an Thun. Siehe dazu Kapitel 4.2.2.
26 Siehe Innsbrucker Nachrichten, 94 (29.04.1858), S. 750.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen