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5.1. EINLEITUNG 173
Josef Fessler oder Joseph Feil nahe. In diesen Fällen stehen uns daher keine
schriftlichen Quellen zur Verfügung.
Ausgehend vom Briefnachlass von Leo Thun konnte ein ausgedehntes
Briefnetzwerk rekonstruiert werden. Thun mobilisierte zahlreiche Perso-
nen, bei denen er sich in Berufungsfragen Rat holen konnte und die ihn auch
regelmäßig auf geeignete Kandidaten aufmerksam machten. Die von Thun
ins Vertrauen gezogenen Personen wandten sich wiederum vielfach – auf
Bitte von Thun oder von sich aus – an Freunde und Bekannte, um weitere
Informationen und Ratschläge einzuholen. Dieses „System der Vertrauens-
männer“10, wie Hans Lentze es nannte, kann man heute mit dem Begriff
des Netzwerkes fassen, der in den letzten Jahren enorm an Bedeutung ge-
wonnen hat,11 und auch in den Geschichtswissenschaften12 und der Wissen-
schaftsgeschichte13 vielfach verwendet wird – oftmals unter Anwendung von
Methoden der digital humanities zur Visualisierung von Netzwerken. In der
vorliegenden Arbeit wird der Begriff des Netzwerks zwar gebraucht, ohne je-
doch die Methodik der Netzwerkanalyse zu verwenden, da diese in der Regel
stark quantifizierend ausgerichtet ist, der Fokus der Analyse hingegen auf
die inhaltliche Ebene der Briefe gelegt wurde. Außerdem erschien es nicht
notwendig, für die Beschreibung der Interaktionen zwischen den verschiede-
nen Akteuren auf die spezielle Methodik der sozialen Netzwerkanalyse zu-
rückzugreifen bzw. die unterschiedlichen Bindungen zwischen den einzelnen
Akteuren zu klassifizieren, sondern ausreichend, diese zu beschreiben. Zu-
dem hat sich besonders der Quellenkorpus und der Untersuchungszeitraum
bei den meisten Berufungen für eine systematische Untersuchung mit den
Methoden der Netzwerkanalyse als zu klein erwiesen.14 Anders wäre dies,
würde man Thuns gesamte Berufungspraxis an allen Universitäten und
Gymnasien untersuchen, hier wäre – ob der Masse an Quellen – eine Unter-
10 Lentze, Die Universitätsreform des Ministers Graf Leo Thun-Hohenstein, S. 207.
11 Etwa Heiner fangerau/Thorsten HaLLing (Hgg.), Netzwerke. Allgemeine Theorie oder Uni-
versalmetapher in den Wissenschaften? Ein transdisziplinärer Überblick, Bielefeld 2009.
12 Einen Überblick gibt die Website der Arbeitsgemeinschaft Historische Netzwerkforschung,
[http://www.historicalnetworkresearch.org/], 23.10.2014; vgl. auch Albert müLLer/Wolf-
gang neuratH (Hgg.), Historische Netzwerkanalysen (= Österreichische Zeitschrift für Ge-
schichtswissenschaften 23/1), Innsbruck, Wien 2012.
13 Vgl. etwa Regina dauser (Hg.), Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europä-
ischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts, Berlin 2008; am prominentesten ist
wohl das Projekt Mapping the Republic of Letters der University of Stanford, [http://repub-
licofletters.stanford.edu/index.html], 10.10.2014.
14 Vgl. zur Diskussion um die Verwendung von Methode der Netzwerkanalyse bei: Claire Le-
mercier, Formale Methoden der Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften: Wa-
rum und Wie?, in: Albert Müller/Wolfgang Neurath (Hgg.), Historische Netzwerkanalysen,
Innsbruck, Wien 2012, S. 16–41.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen