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5.4. CARL BEIDTEL 201
Die Ernennung von Beidtel war deshalb nötig, weil Professor Ernest
Theser, der bisherige Professor auf dem Lehrstuhl, im Frühjahr 1850 seine
Versetzung auf die Kanzel des Römischen Rechts beantragt hatte. Diesem
Antrag war wiederum die Versetzung von Professor Johann Kopatsch nach
Graz vorangegangen, der bis dahin die Professur für römisches Zivil- und
Kirchenrecht innehatte.152 Theser lehrte seit 1846 in Innsbruck. Bis dahin
hatte er an der Wiener Universität als Supplent römisches Recht gelehrt.
Das Professorenkollegium unterstützte den Antrag ebenso wie die Innsbru-
cker Statthalterei. Diese bestätigte zudem den guten Leumund Thesers und
dessen politische Unbedenklichkeit.153 Theser hatte zwar angeboten, sein
bisheriges Lehrfach weiterhin zu betreuen, Thun – der eine Stärkung der
Lehre des römischen Rechts und einen allgemeinen Aufschwung der Univer-
sitäten anstrebte – wollte diese Doppelbelastung eines Professors allerdings
nicht gutheißen.154 Daher schlug er am 3. September 1850 dem Kaiser die
Berufung von Carl Beidtel als Nachfolger von Theser vor. In dem Majestäts-
vortrag betont der Minister besonders Beidtels kaisertreue Gesinnung im
Jahr der Revolution und während seiner Zeit als Abgeordneter in der Frank-
furter Paulskirche. Beidtel hatte sich einerseits dort entschieden für die Be-
lange Österreichs ausgesprochen und andererseits in einer unter dem Pseu-
donym Albrecht Tebeldi veröffentlichten Schrift155, die Integrität Österreichs
als zu bewahrendes Gut bezeichnet, den tschechischen Nationalismus scharf
kritisiert und die historische Zugehörigkeit der Slawen zu Österreich zu be-
weisen gesucht. Thun bezeichnete Beidtel daher als einen Mann der „eben so
viel Muth als Selbständigkeit und lobenswerthen Karakter“156 besitze.
Beidtel wirkte daraufhin bis 1886 in Innsbruck. In der Erinnerung der
Universität blieb er besonders durch die Stiftung eines Studentenstipendi-
ums.157
152 Siehe dazu Gerhard oBerkofLer, Innsbrucker Romanisten im 19. und beginnenden 20.
Jahrhundert. Ein Beitrag zur Geschichte der Juristenfakultät, in: Tiroler Heimat 39
(1976), S. 125–153, hier S. 129.
153 Vgl. Majestätsvortrag, Wien 11.07.1850, MCU Allg. Sign. 5, Fasz. 996, Österreichisches
Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv. Unter der Signatur auch die Schreiben des
juridischen Professorenkollegiums und der Statthalterei.
154 Siehe dazu besonders oBerkofLer, Innsbrucker Romanisten im 19. und beginnenden 20.
Jahrhundert, S. 130–132.
155 Albrecht teBeLdi [Carl Beidtel], Die Slawen im Kaiserthume Österreich, Wien 1848.
156 Majestätsvortrag, Wien 03.09.1850, MCU Allg. Sign. 5, Fasz. 994 (Ktn. 1074), Österreichi-
sches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv. Der Text des Majestätsvortrages ist
teilweise abgedruckt bei oBerkofLer et al., Geschichte der Universität Innsbruck (1669–
1945), S. 252.
157 Siehe dazu kurz bei oBerkofLer et al., Geschichte der Universität Innsbruck (1669–1945),
S. 251.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen