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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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bruck an das Wiener Polytechnikum versetzt worden. Am 26. Juni 1850
wurde Köhler vom Kaiser zum Professor der Naturgeschichte ernannt.
Leider sind die beiden Briefe Haidingers an Köhler die einzigen Hinweise,
die wir in der Angelegenheit haben, allerdings erlauben sie uns einen klei-
nen Einblick, wie abseits der ‚offiziellen Bahnen‘ – und unabhängig von der
Innsbrucker Universität – auf die Entscheidung im Ministerium Einfluss zu
nehmen versucht wurde. Haidinger hat sich im Übrigen nicht nur in diesem
Fall für einen Freund bei Thun verwendet, sondern auch in anderen Fällen
– dann privat – an Thun geschrieben.182 Koller war im Ministerium für das
Referat Realschulen, polytechnische, nautische und astronomische Institute
zuständig und wohl (nicht nur) als Mitglied der Akademie der Wissenschaf-
ten mit Haidinger bekannt. Inwieweit Thun von Koller beeinflusst war, lässt
sich freilich nicht mehr eruieren. Aus dem Majestätsvortrag lässt sich in
dieser Hinsicht nichts schließen. Dies ist aber auch in anderen untersuch-
ten Fällen meist nicht der Fall – auch wenn eine Einflussnahme von außen
belegt ist. Thun betont in seinem Vortrag an den Kaiser vielmehr, dass die
Besetzung der Stelle mit Köhler die beste Lösung für alle Beteiligten wäre:
Köhler würde nicht quiesziert und das Budget so durch die Versetzung nicht
belastet werden und Innsbruck bekäme einen gediegenen Professor für Na-
turgeschichte.183
Von Bedeutung in diesem Fall ist noch ein weiterer Punkt. Anders nämlich
als an anderen Universitäten wurde in Innsbruck der Lehrstuhl für Natur-
geschichte in der hergebrachten Form beibehalten. Während an den Univer-
sitäten Wien, Prag, Pest, Krakau und Graz bereits am Beginn der Universi-
tätsreform der Lehrstuhl für Naturgeschichte geteilt worden war, geschah
dies in Innsbruck nicht. Zumeist wurde das Fach in Lehrstühle oder Extraor-
dinariate für Botanik, Zoologie und Geologie/Mineralogie aufgespalten, um
den Fortschritten in den einzelnen Fächern gerecht werden zu können.184
Zumindest der erste Brief von Haidinger an Köhler lässt erahnen, dass
Köhler offenbar von diesem Prozess profitieren wollte, da Haidinger Köh-
ler in Aussicht gestellt hatte, dass man für Wien zwei Botaniker berufen
182 Vgl. dazu Haidinger an Thun, Wien 31.03.1857, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI
D410, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach, sowie Hai-
dinger an Thun, Wien 1.04.1857, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D411, Staatli-
ches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
183 Siehe Majestätsvortrag, Wien 14.06.1850, MCU Allg. Sig. 5, Fasz. 1015 (Ktn. 1073), Öster-
reichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
184 Vgl. dazu bei eggLmaier, Naturgeschichte – Wissenschaft und Lehrfach, S. 223–237.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen