Page - 213 - in Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860 - Aufbruch in eine neue Zeit
Image of the Page - 213 -
Text of the Page - 213 -
5.5. DIE KANZEL FÜR NATURGESCHICHTE UND LANDWIRTSCHAFTSLEHRE 213
nem Sinn zu beeinflussen. Zu diesem Zweck wandte sie sich an Sektionsrat
Marian Koller, dieser wiederum hatte bei Heufler vorgesprochen.217 Beide
dürften dann die Entscheidung im Ministerium durchaus beeinflusst haben.
Die Angelegenheit kam jedoch nicht sofort zur Entscheidung, was Kerners
Mutter sehr beunruhigte. Sie ahnte nichts Gutes, als sie erfahren hatte, dass
die
Kaiserin Mutter in Innsbruck weilt, da auch unser Kaiser jetzt wieder in der
Nähe von Innsbruck war, wo er mit seinem Bruder dem Statthalter zusam-
mentraf und wo es leicht sein konnte, daß der Competent von Innsbruck sich
an diese Persönlichkeiten wende, um sein Ziel zu erreichen.218
Aus ihrer Sicht hätte das wohl bedeutet, dass es nur darauf ankomme, wel-
cher der Bewerber das Spiel in den Hinterzimmern der Macht besser be-
einflussen könne. Dass sie damit ein Stück weit Recht hatte, verdeutlicht
die Episode um ihren Sohn allerdings umso mehr. Als Heufler der Mutter
Kerners schließlich aber die Ernennung ihres Sohns mitteilen konnte, hob
er seinen Einfluss entsprechend hervor, und betonte, dass ihr Sohn „diese
Stelle ohne seiner[sic!] Verwendung schwerlich bekommen“ hätte, „er [Heuf-
ler, C.A.] sey unausstehlich gewesen, wie ein Jude, hatte nicht nachgelassen
etc.“219 Inwieweit der Einfluss von Heufler wirklich den Ausschlag gegeben
hatte, ist damit zwar nicht endgültig geklärt, deutlich zeigt sich indes, dass
Pichler mit seiner Vermutung nicht ganz falsch gelegen hatte. Allerdings
muss man auch zugestehen, dass Kerner – wenn auch nur im Hinblick auf
die Botanik – ein exzellenter Wissenschaftler war, der damals schon knapp
30 Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Botanik vorweisen konnte. Daher
mag der Einfluss von Heufler zwar bestanden haben, die Wahl von Kerner
war indes nicht ungerechtfertigt und durch die Argumentation von Helfert,
einen Botaniker für die pharmazeutischen Studien besser gebrauchen zu
können, nicht ohne Grund.
5.5.4. Die Ungleichzeitigkeiten der Reform
Die Frage der Besetzung der Kanzel für Naturgeschichte an der Innsbru-
cker Universität ist in mehrfacher Hinsicht interessant. So verdeutlicht sie
217 Vgl. Kerner (Elisabeth) an Kerner (Anton), Wien 26.11.1860, Nachlass Anton Kerner,
131.33, Schachtel 283, 1, Archiv der Universität Wien.
218 Ebenda.
219 Ebenda.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen