Page - 224 - in Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860 - Aufbruch in eine neue Zeit
Image of the Page - 224 -
Text of the Page - 224 -
5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
224
könne, wozu er eigentlich im Stande sei, weshalb er lieber die Einstellung
des Unterrichts für Lehramtskandidaten fordere, als diese weiterhin „in so
jämmerlicher Einschränkung“268 fortzusetzen. Diese Kritik verdeutlicht ein-
mal mehr, dass die Universität bei allen Bemühungen um Verbesserung auch
nach erfolgter Reform nur einen langsamen Aufschwung nahm und die Pro-
fessoren oft mit großen Einschränkungen arbeiten mussten. Die Klage über
die fehlenden Mittel für den Unterricht für Lehramtskandidaten schloss da-
mit nahtlos an die Kritik an der schlechten Ausstattung mit neuester wissen-
schaftlicher Literatur in der Universitätsbibliothek an, die sich wie ein roter
Faden durch die Amtszeit von Minister Thun zieht.269 Gerade die jungen und
ambitionierten Professoren sahen sich darin auch in ihrer persönlichen wis-
senschaftlichen Entfaltung gehemmt, anders vielleicht als ältere Professoren,
die solche Einschränkungen aus den Jahren des Vormärzes gewohnt waren.
Die Kritik verweist aber auch auf die innerfakultären Rivalitäten zwi-
schen der Physik als der klassischen Disziplin zur Erklärung der Vorgänge
der Natur, und dem aufstrebenden Fach der Chemie, das aus der Sicht Wal-
tenhofens ungebührend mehr gefördert wurde als sein eigenes Fach. Um-
gekehrt zeugen der Wechsel von Baumgarten von einem auf einen anderen
Lehrstuhl und die anschließend eingegangenen Bewerbungen von der engen
Verbindung der Lehrkanzeln für Physik und Mathematik, die damals noch
herrschte. Erst in den folgenden Jahrzehnten erfolgte eine stärkere Diffe-
renzierung mit der Einrichtung von weiteren Lehrstühlen sowohl im Bereich
der Mathematik als auch der Physik.270
Waltenhofen wurde 1867 an das Polytechnikum in Prag versetzt.
5.8. Die Lehrstühle für Allgemeine Geschichte und Österreichische
Geschichte. Die Ernennung von Julius Ficker und Heinrich Glax
5.8.1. Ausgangslage: Der Lehrstuhl für Geschichte nach 1848
Der Benediktiner Albert Jäger271 hatte seit 1846 die Lehrkanzel für Ge-
schichte an der Universität inne. Nachdem er allerdings seit Sommer 1849
268 Waltenhofen an Feil, Innsbruck 27.05.1860, 129.890, Wienbibliothek, Handschriftenabteilung.
269 Vgl. Kapitel 8.
270 Vgl. auch bei Huter, Die Fächer Mathematik, Physik und Chemie an der Philosophischen Fa-
kultät zu Innsbruck bis 1945, S. 12–13. Zur Entwicklung der einzelnen Fächer in diesem Band.
271 Zur Biografie von Jäger siehe Hans voLteLini, Albert Jäger 1801–1891, in: Alois Lanner
(Hg.), Tiroler Ehrenkranz. Männergestalten aus Tirols letzter Vergangenheit, Innsbruck,
Wien, München 1926, S. 174–175; grass, Albert Jäger; Thomas OSB nauPP, P. Albert (Jo-
sef) Jäger (1801–1891) – ein gelehrter Benediktiner aus Schwaz, in: Schwazer Heimatblät-
ter (1999), S. 4–12.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen