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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Schwebe, noch im November des Jahres 1850 berichtete Jäger dem ehemali-
gen Statthalter Clemens Brandis, dass man in Wien nicht auf den Vorschlag
eingegangen sei.280
Thun war indes bemüht, Jäger wieder nach Innsbruck zu beordern, und
schrieb im August 1850 an Statthalter Bissingen, er möge auf den Abt Karl
Mayr281 einwirken, Jäger möglichst bald wieder für den Dienst an der Uni-
versität freizustellen:
Es ist mir bekannt, daß Euer Hochgeboren meinen angelegentlichen Wunsch
theilen, daß Doc. Jäger die Lehrkanzel, auf welcher er so ausgezeichnetes
geleistet hat, und der Pflege der Wissenschaft in ihrer höheren Entwicklung
nicht bleibend entzogen, sondern vielmehr bald wieder geschenkt werde, und
ich bin daher überzeugt, daß Euer Hochgeboren alles aufbieten werden, um in
diesem Sinn auf den genannten Prälaten einzuwirken. Von seiner Erklärung
die mir Euer Hochgeboren mit thunlichster Beschleunigung mittheilen wol-
len, wird es abhängen, wie für den Vortrag der Geschichte an der Innsbrucker
Universität fernerhin zu sorgen sein wird.282
Aus einem Konzept des Studienreferenten bei der Statthalterei Jakob Probst
vom September des Jahres ist allerdings ersichtlich, dass der Marienberger
Abt Jäger in Meran für unabkömmlich hielt und er ihn daher auch nicht
für die „Versehung der Lehrkanzel der Geschichte an der Innsbrucker Uni-
versität“283 freistellen könne. In der Folge hatte sich Thun daher direkt an
den Abt gewandt und die Rückstellung von Jäger gefordert.284 Der Abt ging
jedoch auch dann nicht auf die Forderungen des Ministers ein. Vielmehr
scheint der Abt die Personalie Jäger benutzt zu haben, um eine Besserstel-
lung des Meraner Gymnasiums durch Thun erreichen zu können. 285
280 Siehe ebenda, S. 131.
281 Karl Mayr OSB (Dorf Tirol 1774–1855 Marienberg), 1797 Eintritt ins Kloster Marienberg,
ab 1816 Abt des Klosters.
282 Thun an Bissingen, Wien 20.08.1850, Akten der Statthalterei, Studien, 10762 ad
5167/1850, Tiroler Landesarchiv.
283 Konzept, Innsbruck 27.09.1850, Akten der Statthalterei, Studien 11482 ad 1076/1850, Tiro-
ler Landesarchiv.
284 Im Übrigen hatte Thun schon im Herbst zuvor den Abt für sein eigenmächtiges Handeln in
der Causa Jäger gerügt: Der Abt hatte damals Jäger ohne Erlaubnis des Ministers (Franz
Stadion) nach Meran berufen. Thun betonte jedoch, dass Jäger als Professor der Universi-
tät in erster Linie Staatsbeamter sei und daher eine offizielle Bewilligung notwendig gewe-
sen wäre. Vgl. 4890/pr. Brandis an Abt Mayr, Innsbruck 05.10.1849, fol. 527/80, Stiftsar-
chiv Marienberg.
285 Vgl. auch Thun an Jäger, Wien 17.04.1851. Abgedruckt bei Albert Jäger, Graf Leo Thun
und das Institut für österreichische Geschichtsforschung, in: Österreichisch-Ungarische
Revue, Bd. 8, Neue Folge (1889/1890), S. 1–22, hier S. 5.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen