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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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die Berufung eines Mitgliedes an die Wiener Universität als ein das ganze
Institut ehrendes Ereignis begrüßt haben würde, schickt man mir von Mari-
enberg einen Kapitelerlaß zu, des Inhaltes, dass man mir keine Erlaubnis zur
Annahme des Rufes gebe, außer ich erwirke mir von Rom die Säkularisierung.
Sie sehen, der Grund der Weigerung liegt nicht in meiner Unentbehrlichkeit,
denn man will mich ja lieber ganz entlassen, als zugeben, daß ich dem ehren-
vollen Ruf folge.291
Die Angelegenheit wurde schließlich auf die im Brief angedeutete Art gelöst:
Minister Thun berichtete am 1. Juli 1851 an Statthalter Cajetan Bissingen
und bat ihn neuerlich um die Vermittlung beim Marienberger Abt, wobei
Thun Bissingen anwies, dem Abt klarzumachen, dass Jäger aus der Stift-
gemeinschaft austreten werde, sollte er nicht die Erlaubnis des Kapitels er-
halten.292 Bissingen wandte sich daraufhin an den Abt293 und traf sich auch
persönlich mit diesem. Ende Juli 1851 informierte er Thun über die Ergeb-
nisse des Gesprächs. Die Drohungen hatten offenbar Wirkung gezeigt, denn
bei dem Treffen hatte sich der Abt gesprächsbereiter als bisher gezeigt und
beteuerte, dass man Jäger keine Steine in den Weg legen möchte. Gleichzei-
tig bat er aber um Verständnis für die Entscheidung des Kapitels, da man je-
den Bruder für die vielseitigen Aufgaben des Klosters brauchen würde, was
Bissingen Thun gegenüber bestätigen konnte. Der Abt sprach sich daher für
den Austritt Jägers aus der Stiftsgemeinschaft aus, um klare Verhältnisse
zu schaffen.294 Dazu kam es schließlich und Jäger konnte seine Professur in
Wien antreten.295
Die Frage der Professur in Innsbruck war damit aber weiterhin ungeklärt
und der Lehrstuhl blieb somit ein weiteres Jahr unbesetzt. Abgesehen von
den Vorlesungen Kinks gab es daher in diesen Jahren keinen Unterricht in
den geschichtlichen Fächern. Ein Umstand, den die Fakultätsleitung in der
Stellungnahme zur Situation an der Universität bedauernd hervorhob:
291 Jäger an Feil, Meran 21.06.1851, 129.635, Wienbibliothek, Handschriftenabteilung. Ange-
rer schreibt hingegen etwas beschönigend: „Abt und Mitbrüder wollten diesem ehrenvollen
Ruf keine Hindernisse in den Weg legen.“ Martin OSB angerer, Abt Karl Mayr und der
Neubeginn des Klosters im 19. Jahrhundert, in: Südtiroler Kulturinstitut (Hg.), 900 Jahre
Benediktinerabtei Marienberg 1096–1996. Festschrift zur 900 Jahrfeier des Klosters St.
Maria (Schuls-Marienberg), Lana 1996, S. 387–414, hier S. 411.
292 334/M.U. Thun an Bissingen, Wien 01.07.1851, Gubernium, Geheime Präsidiale, Serie II,
Signatur XXVII3, Fasz. III, Tiroler Landesarchiv.
293 Bissingen an Abt Mayr (Konzept), Innsbruck 09.07.1851, Gubernium, Geheime Präsidiale,
Serie II, Sign. XXVII3, Fasz. III, Tiroler Landesarchiv.
294 261/Präs. Bissingen an Thun (Konzept), Innsbruck 22.07.1851, Gubernium, Geheime Prä-
sidiale, Serie II, Sign. XXVII3, Fasz. III, Tiroler Landesarchiv.
295 Vgl. dazu grass, Albert Jäger, S. 324.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen